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Über 600 Bedrohungen und Diskriminierungen von Sinti und Roma 2022 registriert

Insgesamt 621 Angriffe, Bedrohungen und Diskriminierungen Sinti und Roma betreffend hat die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus im vergangenen Jahr registriert. Dies ist das Ergebnis des am Montag in Berlin vorgestellten ersten Jahresberichts der 2021 geschaffenen Stelle. Bei 343 und damit mehr als der Hälfte der antiziganistischen Vorfälle handelte es sich um Diskriminierungen. 

Registriert wurden zudem 245 antiziganistische Stereotypisierungen, 17 Angriffe, elf Bedrohungen, vier Sachbeschädigungen und ein Fall von extremer Gewalt. Die der Stelle gemeldeten Fälle seien nur ein Bruchteil der tatsächlichen Vorfälle, betonte deren Leiter, Guillermo Ruiz. "Das Dunkelfeld ist enorm."

Jeder vierte gemeldete Vorfall - 158 Fälle - spielte sich im Alltag ab. Zu vielen kam es zudem im Wohnkontext und im Umgang mit Behörden - 121 beziehungsweise 119 Fälle. Laut Bericht kam es zu Diskriminierungen von Sinti und Roma zum Beispiel durch die Polizei, Jugendämter, Jobcenter oder kommunalen Verwaltungen.

In etwa einem Siebtel der insgesamt 621 Fälle von Antiziganismus waren aus der Ukraine geflüchtete Roma betroffen. Die Meldestelle forderte in ihrem Bericht deshalb den gleichen Schutz und die gleiche Behandlung von ukrainischen Roma, wie ihn auch andere ukrainische Geflüchtete erfahren. Medien sollten zudem auf Sprache und Bildmaterial verzichten, "die antiziganistische Stereotype reproduzieren und verstärken". Gefordert wurde weiter der Ausbau und die angemessene Förderung von Beratungsstrukturen und Anlaufstellen für Betroffene.

Die Arbeit der Melde- und Informationsstelle sei "unglaublich wichtig", sagte der Antiziganismus-Beauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler. Antiziganistische Vorfälle ziehen sich durch alle Bereiche des Lebens, besonders bekämpft werden müssten aber jene, die bei staatlichen Behörden vorkommen. "Der Staat muss endlich Verantwortung übernehmen und den Schutz von Sinti und Roma vor Gewalt, Ausgrenzung und Diskriminierung gewährleisten", betonte Daimagüler.

Der Jahresbericht sei die erste systematische Erfassung und Dokumentation von antiziganistischen Vorfällen, sagte der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, bei der Vorstellung. Der Bericht zeige deutlich "die Gefahren eines zunehmenden Rechtsradikalismus und Nationalismus" und die Auswirkungen auf das tägliche Leben von Sinti und Roma.

Die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus hat nach einem Bundestagsbeschluss im Oktober 2021 ihre Arbeit aufgenommen. Vorfälle - auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze - können ihr online, per Mail oder Telefon vertraulich gemeldet werden.

awe/mt