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TUI verbucht in Corona-Krise Milliardenverlust

Reisekonzern: Im Fall neuer Einschränkungen Liquidität durch Staatskredit gesichert

Die Corona-Krise hat TUI im vergangenen Quartal einen heftigen Verlust beschert - für die Zukunft sieht der Reisekonzern aber vielversprechende Anzeichen für eine Rückkehr zur Normalität. Das Geschäftsmodell sei "intakt", erklärte TUI-Chef Fritz Joussen am Donnerstag. Falls es wegen der Pandemie erneut zu langfristigen Reisebeschränkungen kommen sollte, sei die Liquidität zudem durch die neue Milliardenhilfe des Bundes abgesichert.

Wie das Unternehmen in Hannover mitteilte, verlor TUI von April bis Juni unterm Strich rund 1,42 Milliarden Euro. Im Vorjahreszeitraum hatte der Konzern einen Gewinn von 22,8 Millionen Euro verbucht. Die Umsätze waren wegen der weltweiten Reisebeschränkungen im vergangenen Quartal quasi nicht existent: Sie brachen um 98,5 Prozent von mehr als 4,7 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum auf lediglich 71,8 Millionen Euro ein.

Inzwischen seien die Reiseaktivitäten aber in allen europäischen Märkten "erfolgreich" wieder aufgenommen worden, erklärte das Unternehmen und verwies darauf, dass TUI "als erstes Reiseunternehmen" bereits Mitte Juni in einem Pilotprojekt wieder deutsche Gäste auf die spanische Baleareninsel Mallorca gebracht habe. Im Juli reisten demnach europaweit wieder mehr als eine halbe Million Kunden mit TUI in den Sommerurlaub.

Das Bedürfnis nach Urlaub, der bei vielen Bundesbürgern zu Beginn der Corona-Krise in weite Ferne gerückt war, ist dem Konzern zufolge groß: Nach dem offiziellen Ende der Reisewarnungen für die meisten europäischen Ziele und der Wiederaufnahme der Reiseaktivitäten Anfang Juli sind demnach 1,7 Millionen Neubuchungen eingegangen. Die TUI-Kunden zieht es dabei neben den Balearen vor allem nach Griechenland.

"Sehr vielversprechend" seien auch die Buchungen für den Sommer 2021. Aktuell liegen diese nach Unternehmensangaben um 145 Prozent über den Buchungen, die es im vergangenen Jahr für diesen Sommer gab.

Eine Prognose für das Gesamtjahr wagt der Konzern trotz der wieder aufgenommenen Reiseaktivitäten indes weiterhin nicht. Als Grund gibt TUI die andauernde Pandemie an.

Falls es erneut zu Lockdowns oder weitreichenden Reisebeschränkungen kommen sollte, sieht sich TUI aber gewappnet: "Mit dem zusätzlichen Staatskredit sichern wir die Liquidität für den Fall erneuter langfristiger Reisebeschränkungen und Beeinträchtigungen durch Covid-19", erklärte Joussen.

TUI hatte am Mittwoch weitere Hilfen durch den Staat bekanntgegeben. Nach dem Kredit über 1,8 Milliarden Euro vom März erhält der Konzern weitere 1,2 Milliarden Euro im Rahmen eines zusätzlichen Stabilisierungspakets.

Die Sicherung der Finanzmittel erlaube dem Konzern, "den Fokus auf das operative Geschäft zu legen und gleichzeitig die Neuausrichtung des Konzerns voranzutreiben", erklärte Joussen. Beschleunigen will der Konzern nun den Wandel hin zu einem "digitalen Plattformunternehmen".

Die FDP-Bundestagsfraktion forderte unterdessen, die Bundesregierung dürfe nicht nur die großen Konzerne im Blick haben. "Nach wie vor benötigen insbesondere die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe der Tourismusbranche zielgerichtete und unbürokratische Hilfe", erklärte der tourismuspolitische Sprecher Marcel Klinge. "Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie auch hier kurzfristig nachsteuert, denn auch viele kleine und spezialisierte Reisebüros, -veranstalter und Busreiseanbieter sind weiterhin in großer Not und brauchen dringend Hilfe."

by Anthony Devlin