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TÜV Rheinland soll Frauen in Brustimplantate-Skandal entschädigen

Pariser Berufungsgericht spricht Prüfstelle Mitverantwortung zu

Mehr als zehn Jahre nach dem Skandal um mangelhafte Brustimplantate des französischen Herstellers PIP hat ein Gericht den TÜV Rheinland zu Schadenersatzzahlungen an hunderte Frauen verurteilt. Das Pariser Berufungsgericht entschied am Donnerstag, die deutsche Prüfstelle trage eine Mitverantwortung für die schadhaften Prothesen. Der TÜV nannte das Urteil unvereinbar mit früheren Gerichtsentscheidungen. Ein Opferanwalt erklärte hingegen, die Geschädigten seien “begeistert” über den Richterspruch.

In dem Urteil hieß es, der TÜV und seine französische Tochtergesellschaft seien verantwortlich für eine Reihe von “Versäumnissen (…) in der Ausübung der Qualitätsüberwachung” der mangelhaften Silikon-Implantate. Die Vorinstanz hatte den TÜV dagegen entlastet.

“Wir sind begeistert über diesen Ausgang, der alle Zweifel an der Verantwortung des TÜV endgültig ausräumt”, erklärte der Opferanwalt Olivier Aumaître, der in Frankreich insgesamt 20.000 Frauen in verschiedenen Verfahren vertritt. “Nach zehnjährigem Warten und harten Kämpfen muss die deutsche Prüfstelle die Opfer nun vollständig entschädigen.”

Der TÜV hatte die Brustimplantate für unbedenklich erklärt, bevor 2010 aufflog, dass der Hersteller minderwertiges Silikon eingesetzt hatte und die Prothesen leicht rissen. Der TÜV betonte nach dem Urteil in Köln, die Klagen vieler Frauen seien abgewiesen worden. Dem Urteil zufolge ist ein Teil der insgesamt 2500 Klagen unzulässig.

Der TÜV sieht sich selbst als “Opfer des Betrugs” durch den Hersteller PIP. Der PIP-Gründer Jean-Claude Mas starb 2019, seine Firma ist pleite. “Weil PIP zahlungsunfähig ist, wird nun gegen den TÜV vorgegangen”, hatte eine Anwältin des Überwachungsvereins gesagt.

In dem PIP-Skandal trugen weltweit rund 400.000 Frauen gesundheitliche Schäden davon, auch in Deutschland waren tausende betroffen. Die Affäre flog 2010 auf: Damals stellte die französische Behörde für Medikamentensicherheit (ANSM) erstmals fest, dass die PIP-Brustimplantate überdurchschnittlich oft rissen und nur mit billigem Industrie-Silikon gefüllt waren.

Von 2001 bis 2010 hatte PIP weltweit rund eine Million dieser minderwertigen Implantate verkauft. Die Frauen mussten dann erneut operiert werden, viele Klägerinnen führen Krebserkrankungen auf die billigen Silikonkissen zurück.

In dem Fall gab es bereits eine ganze Reihe von Prozessen gegen den TÜV Rheinland. In Deutschland urteilte der Bundesgerichtshof im Februar 2020, eine Haftung des Überwachungsvereins komme zumindest theoretisch in Betracht.

Auch in Frankreich gibt es mehrere Verfahrensstränge. Zuletzt hatte das Berufungsgericht im südfranzösischen Aix-en-Provence im Februar der Klage von rund 13.500 Frauen stattgegeben und eine Schadenersatzforderung von mehr als 40 Millionen Euro gegen den TÜV Rheinland bestätigt. Der Überwachungsverein legte dagegen Revision beim Pariser Kassationsgericht als oberster französischer Instanz ein. Ein Berufungsgericht in Versailles entschied dagegen in einem anderen Verfahren im Januar zu Gunsten des TÜVs und wies eine Klage von rund 400 Frauen ab.

by Anne-Marie Poujon

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