Tschechien hat ein neues Parlament gewählt. Die Wahllokale schlossen am Samstag um 14.00 Uhr, mit ersten verlässlichen Ergebnissen wurde aber erst am Abend gerechnet. Für den umstrittenen Regierungschefs Andrej Babis ging es bei der Abstimmung um seine politische Zukunft. Trotz der Vorwürfe gegen den Milliardär aus den kürzlich veröffentlichten "Pandora Papers" galt seine populistische ANO-Partei als als Favoritin.
Babis soll den Enthüllungen zufolge über eine Briefkastenfirma 2009 anonym ein Landschloss in Südfrankreich für 15 Millionen Euro gekauft haben. Die Herkunft des Geldes ist nicht bekannt, der Vorwurf der Geldwäsche steht im Raum. Die tschechischen Ermittlungsbehörden leiteten eine Untersuchung ein. Babis wies die Anschuldigungen als Verleumdungskampagne zurück.
Der Regierungschef steht bereits seit Jahren im Verdacht, mit seinem Unternehmen Agrofert unrechtmäßig EU-Subventionen in Millionenhöhe eingestrichen zu haben. Hier ermittelt die tschechische Staatsanwaltschaft. Die EU wirft ihm außerdem einen Interessenkonflikt vor, weil sein Unternehmen von EU-Hilfen und seiner Politik im Allgemeinen profitiert.
Ernsthaft geschadet hatten Babis die verschiedenen Anschuldigungen bislang allerdings nicht. "Die Fans von Babis haben ihm schon oft verziehen, und dies wird ein weiteres Mal der Fall sein", sagte Otto Eibl von der Masaryk-Universität in Brünn der Nachrichtenagentur AFP.
"Die Leute wollen definitiv einen Wandel, der unser Leben besser macht", sagte hingegen die Wählerin Jana Selucka am Samstag in dem südwestlich von Prag gelegenen Ort Zadni Treban. Sie hoffe auf einen Sieg der Oppositionsparteien. "Ich möchte, dass Babis abtritt", sagte auch der Wähler Jakub Kratochvil bei seiner Stimmabgabe in der Hauptstadt. Er wünsche sich eine "transparentere Demokratie".
Der ANO-Anhänger Ivan Kostelka ging von etwa 30 Prozent der Stimmen für Babis aus. Und der Rest "kann sich nicht einigen und eine einzige Partei gründen". "Sie würden lieber alles zerstören", sagte Kostelka.
Babis selbst hatte sich am Freitag beim Auftakt der Wahl als Garant für Stabilität bezeichnet . "Wir sollten die Regierung jetzt nicht austauschen", sagte er bei seiner Stimmabgabe in Lovosice.
Explizit gegen Babis haben sich zwei Parteienbündnisse formiert: Ein linksliberales unter Führung der Piratenpartei und ein konservativ-christliches aus drei Parteien. Auch die rechtsextreme SPD wird Umfragen zufolge sicher ins Parlament einziehen. Bangen müssen hingegen die Sozialdemokraten, mit denen Babis bislang eine Minderheitsregierung bildete. Auch die Kommunistische Partei könnte erstmals an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.
by JOE KLAMAR