US-Präsident Donald Trump wird am Dienstag zu einem umstrittenen Besuch in der Stadt Kenosha erwartet, dem jüngsten Schauplatz von Polizeigewalt in den USA. Die Familie des dort durch Polizeischüsse schwer verletzten Afroamerikaners Jacob Blake wird er dabei nach Angaben des Weißen Haus nicht treffen. Der Gouverneur des Bundesstaates Wisconsin und der Bürgermeister von Kenosha hatten Trump von einer Visite abgeraten.
Der Präsident wird nach Angaben des Weißen Hauses in Kenosha mit Mitgliedern der Sicherheitskräfte sowie Eigentümern von Geschäften zusammentreffen und bei den Ausschreitungen der vergangenen Tage verursachte Schäden besichtigen. Trump will nach eigenen Angaben "die Leute sehen, die so einen guten Job für mich gemacht haben".
"Wir müssen unseren Polizisten ihre Würde und ihren Respekt zurückgeben", erklärte er auf einer Pressekonferenz am Montag. Manchmal gebe es "schlechte Polizisten", aber manchmal "treffen sie nur schlechte Entscheidungen", fügte er offenbar mit Blick auf die tödlichen Schüsse auf Blake zu.
Ein weißer Polizist hatte den 29-jährigen Jacob Blake am 23. August vor den Augen seiner drei kleinen Söhne durch sieben Schüsse in den Rücken schwer verletzt. Der erneute Fall von Polizeigewalt gegen Afroamerikaner löste Empörung und Proteste aus. Am Rande der Proteste wurden in der vergangenen Woche zwei Menschen erschossen, als Tatverdächtiger wurde ein 17-jähriger Weißer festgenommen.
Trump lehnte es ab, die mutmaßlichen Taten des 17-Jährigen zu verurteilen. Er sprach lediglich von einer "interessanten Situation" und erklärte, der Jugendliche, der auf einem Video der Tat zu sehen ist, habe auf einen Angriff reagiert.
Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden hatte mit Blakes Familie am Telefon gesprochen. Trump lehnte dies ab. Blakes Familie wolle, dass bei einem Gespräch mit ihm ein Anwalt zugegen sei, sagte der Präsident. Dies halte er nicht für "angemessen". Er habe aber mit dem Pastor der Familie gesprochen. Dieser sei ein "wunderbarer Mann", erklärte Trump.
Blakes Vater, Jacob Blake Senior, sagte dem Sender CNN, die Familie habe gar keinen Pastor. "Ich weiß nicht, mit wem er gesprochen hat, es ist mir auch egal." Blake Senior berichtete zudem, dass seine Familie Drohungen erhalte und von einem Hotel zum nächsten ziehen müsse.
Der Aufenthaltsort der Blakes wird nach Angaben ihres Anwalts Ben Crump geheim gehalten, da "einige kranke Dinge in Kenosha" passierten. "Das Schlimmste, was dieser Familie passieren kann, ist, dass sie noch mehr körperliche Gewalt erfährt", sagte Crump dem Sender CNN.
Kenosha steht beispielhaft für die Spannungen im Land, die Trumps Regierungszeit prägen: Mehrfach kam es dort zu Zusammenstößen zwischen Black-Lives-Matter-Demonstranten und bewaffneten, weißen Angehörigen von Bürgerwehren. Kritiker werfen Trump vor, die Spannungen gezielt anzuheizen, um sich im Wahlkampf als Garant für Recht und Ordnung in Szene setzen zu können.
Wisconsins Gouverneur, der Demokrat Tony Evers, hatte Trump in einem Brief von einem Besuch abgeraten. "Ich bin besorgt, dass Ihre Anwesenheit unsere Heilung nur behindern wird", schrieb er. Auch Kenoshas demokratischer Bürgermeister John Antaramian erklärte am Wochenende, dies sei kein günstiger Zeitpunkt für einen Besuch Trumps. Der Präsident zeigte sich am Montag hingegen überzeugt, seine Visite könne "Liebe und Respekt für unser Land steigern".
by Von Sebastian Smith