US-Präsident Donald Trump und sein Wahl-Herausforderer Joe Biden haben sich bei ihrem zweiten Fernsehduell erneut harte Wortgefechte geliefert, aber deutlich disziplinierter debattiert als bei ihrem ersten Aufeinandertreffen. Biden kritisierte den Amtsinhaber am Donnerstagabend (Ortszeit) scharf für seinen Umgang mit der Corona-Pandemie: "Jeder, der für so viele Tote verantwortlich ist, sollte nicht Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bleiben."
Trump bezeichnete den Kandidaten der oppositionellen Demokraten im Gegenzug zwölf Tage vor der Präsidentschaftswahl als "korrupten Politiker". Er beschuldigte Biden zudem, in seiner Zeit als Vizepräsident von 2009 bis 2017 keine Fortschritte für das Land erreicht zu haben, unter anderem für Afroamerikaner. "Du hast nichts geschafft", sagte Trump. "Du redest nur und tust nichts."
Der Präsident und sein Herausforderer traten in Nashville im Bundesstaat Tennessee zum zweiten und letzten Mal vor der Wahl am 3. November im direkten Duell gegeneinander an. Ihre erste TV-Debatte Ende September war chaotisch verlaufen, weil Trump seinem Rivalen nahezu pausenlos ins Wort gefallen war.
Am Donnerstagabend galten deswegen strenge Regeln. So wurde das Mikrofon des einen Kandidaten zu Beginn eines jeden Themenblocks stummgeschaltet, während der andere Kandidat zwei Minuten sprechen durfte. Trump hielt sich weitestgehend an die Regeln.
Den ersten Schlagabtausch des Abends lieferten sich die Kontrahenten beim Thema Coronavirus. "220.000 Amerikaner sind tot", sagte Biden. Trump habe aber immer noch "keinen Plan" für den Kampf gegen Pandemie, während ein "dunkler Winter" drohe.
Trump zeigte sich dagegen erneut optimistisch, dass die USA die Krise bald hinter sich lassen könnten. "Wir kriegen die Kurve", sagte der Republikaner. "Es geht weg." In den USA sind bereits mehr als 222.000 Menschen an den Folgen der Infektion mit dem neuartigen Coronavirus gestorben - die höchste Zahl weltweit.
Hitzig wurde das Fernsehduell auch, als Trump seinem Herausforderer wegen früherer Geschäftstätigkeiten von dessen Sohn Hunter in China und der Ukraine Korruption vorwarf. "Joe, sie nennen dich einen korrupten Politiker", sagte der Präsident. "Also tue nicht so, als wärst du ein unschuldiges Baby."
Biden wies jegliches Fehlverhalten von sich: Er habe in seinem Leben noch nie einen "Pfennig" aus dem Ausland angenommen, sagte der frühere Vizepräsident von Barack Obama. Auch sein Sohn habe sich nichts zuschulden kommen lassen.
Die Debatte hatte zuletzt durch Berichte der konservativen Boulevardzeitung "New York Post" über angebliche E-Mails an Fahrt aufgenommen, die auf einem Laptop von Hunter Biden gefunden worden sein sollen. Die "New York Post"-Berichte stießen umgehend auf große Skepsis. Eine im September veröffentlichte Untersuchung von Trumps Republikanern im Senat fand keine Hinweise auf eine unangemessene Einflussnahme durch den früheren Vizepräsidenten.
Trump liegt weniger als zwei Wochen vor der Wahl am 3. November in Umfragen hinter Biden. Der Amtsinhaber musste deswegen bei der TV-Debatte punkten. Allerdings war das Fernsehduell alles in allem recht ausgeglichen und hatte keinen klaren Sieger.
"Diese Debatte wird die Dynamik des Rennens nicht grundlegend verändern", erklärte der Politikwissenschaftler Mitchell McKinney. Das wäre es nach seinen Worten aber gewesen, was Trump gebraucht hätte: "Deswegen kann Joe Biden heute einen Sieg für sich verbuchen."
Der Politikwissenschaftler Aaron Kall sagte der Nachrichtenagentur AFP, angesichts der Vielzahl der bereits abgegebenen Wählerstimmen erwarte auch er keine "grundlegende" Richtungsänderung. In den USA haben schon mehr als 48,5 Millionen Wähler von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Stimme vor dem eigentlichen Wahltermin persönlich oder per Post abzugeben.
by Von Eric BARADAT und Fabian Erik SCHLÜTER