Bei seiner ersten Wahlkampfreise nach seiner Coronavirus-Infektion hat US-Präsident Donald Trump seine Genesung gefeiert und mit seiner "großartigen Verfassung" geprahlt. "Ich fühle mich so stark! Ich werde jeden in diesem Publikum küssen", rief Trump am Montag vor begeisterten Anhängern in Orlando im Bundesstaat Florida. Sein Leibarzt Sean Conley hatte kurz vor dem Auftritt mitgeteilt, dass der Präsident inzwischen mehrfach negativ auf das Virus getestet worden sei.
"Sie sagen, dass ich immun bin", sagte Trump in seiner Rede. "Ich werde die Kerle und die schönen Frauen küssen, ich werde euch einfach allen einen dicken, fetten Kuss geben", sagte der 74-Jährige.
Wegen seiner Infektion hatte Trump eineinhalb Wochen lang auf Wahlkampfreisen verzichten müssen. Für die kommenden Tage plant er nun weitere Auftritte in Johnstown in Pennsylvania, in Des Moines in Iowa und in Greenville in North Carolina.
Die wenigsten Besucher der Veranstaltung in Orlando trugen einen Mund-Nasen-Schutz. Während sich Trump in der Präsidentenmaschine Air Force One noch auf dem Weg dorthin befunden hatte, hatte sein Leibarzt Conley erklärt, dass eine Serie von Corona-Schnelltests der Firma Abbott beim Präsidenten an mehreren Tagen in Folge negative Ergebnisse erbracht habe.
Es seien zudem weitere Faktoren berücksichtigt worden, um "den aktuellen negativen Status des Präsidenten zu bestimmen", erklärte Conley. Alle Daten sprächen dafür, dass "der Präsident nicht mehr ansteckend ist".
In Orlando hielt Trump nun ohne sichtbare Zeichen von Schwäche eine seiner gewohnt aggressiven Wahlkampfreden, in der er seinen Wahl-Herausforderer Joe Biden als "schläfrigen Joe" verhöhnte, zu dessen Wahlveranstaltungen niemand gehe, vor der "radikalen Linken" und dem "sozialistischen Albtraum" warnte und die "korrupte" Presse attackierte.
Biden tritt im Gegensatz zu Trump bereits seit Monaten nicht mehr vor großen Menschenmengen auf. Er begründet dies mit den Empfehlungen der Gesundheitsbehörden zur Eindämmung des Coronavirus.
Trump rühmte auch erneut seine Kandidatin für das Oberste Gericht, Amy Coney Barrett. Diese werde eine "fantastische Richterin" am Supreme Court sein. Im von Trumps Republikanern kontrollierten Senat in Washington hatte am Montag die Anhörung von Barrett begonnen.
Es wird erwartet, dass die Kongresskammer der konservativen Juristin noch vor der Präsidentschaftswahl am 3. November die erforderliche Genehmigung für den Antritt des Amtes am mächtigen Supreme Court erteilt.
Damit würde die Vorherrschaft der Konservativen an dem Gericht weiter zementiert - und dies möglicherweise auf Jahrzehnte hinaus, da die Verfassungsrichter auf Lebenszeit ernannt werden. Die Eile, mit der die Republikaner das Nominierungsverfahren noch vor der Wahl durchziehen wollen, wird von den oppositionellen Demokraten vehement kritisiert.
In den Umfragen liegt Trump aktuell landesweit zehn Prozentpunkte hinter Biden zurück. Ebenso konnte der Kandidat der Demokraten und frühere Vizepräsident seinen Vorsprung in mehreren möglicherweise wahlentscheidenden Bundesstaaten ausbauen. Auch in dem als besonders wichtig geltenden Bundesstaat Florida liegt Biden im Schnitt der jüngsten Umfragen vorn.
Rund drei Wochen vor der Wahl gab nach Angaben des US Elections Project der Universität von Florida bereits eine Rekordzahl von mehr als zehn Millionen Bürgern ihre Stimmen ab. Trump macht seit Monaten Stimmung gegen die Briefwahl, die er als stark betrugsanfällig bezeichnet. Experten widersprechen dem entschieden. Kritiker werfen dem Präsidenten vor, schon vorab Zweifel am Wahlergebnis schüren zu wollen - um dann im Fall seiner Niederlage den Ausgang anzufechten.
by Von Sebastian Smith