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Trump bezeichnet Ausschreitungen in Kenosha bei Besuch als "Inlandsterrorismus"

US-Präsident reist nach Polizeischüssen auf Schwarzen und Protesten in Stadt

US-Präsident Donald Trump hat bei einem umstrittenen Besuch in der Stadt Kenosha die dortigen Ausschreitungen nach Polizeischüssen auf einen Schwarzen als "Inlandsterrorismus" bezeichnet. Die Stadt im Bundesstaat Wisconsin sei von "anti-amerikanischen Krawallen" erschüttert worden, sagte Trump am Dienstag. "Gewalttätige Mobs haben mindestens 25 Geschäfte zerstört oder beschädigt, öffentliche Gebäude niedergebrannt und Ziegelsteine auf Polizisten geworfen."

Dies sei kein "friedlicher Protest", sondern "Inlandsterrorismus", sagte der Rechtspopulist, der sich selbst als "Präsident von Recht und Ordnung" bezeichnet. In seiner Rede ging Trump weder auf die Polizeischüsse auf den Afroamerikaner Jacob Blake in Kenosha ein, die zu den Ausschreitungen geführt hatten, noch auf den Tod von zwei Menschen am Rande der Proteste. Auch traf er bei seinem Besuch nicht Blakes Familie.

Trump machte sich am Dienstag begleitet von einem massiven Sicherheitsaufgebot ein Bild von den Zerstörungen infolge der Ausschreitungen in Kenosha. So ließ er sich niedergebrannte Geschäfte zeigen und sprach mit den Besitzern. Der Präsident besuchte auch die in einer Schule eingerichtete Kommandozentrale der Sicherheitskräfte in Kenosha und lobte den Einsatz von Polizei und Nationalgarde.

Der Gouverneur von Wisconsin und der Bürgermeister von Kenosha hatten Trump von der Visite abgeraten, weil sie eine Zunahme der Spannungen befürchteten. In der Stadt gingen am Dienstag sowohl Anti-Rassismus-Demonstranten der Bewegung Black Lives Matter als auch Trump-Anhänger auf die Straße, dabei kam es zu verbalen Auseinandersetzungen.

Ein weißer Polizist hatte den 29-jährigen Blake am 23. August vor den Augen seiner drei kleinen Söhne durch sieben Schüsse in den Rücken schwer verletzt. Der erneute Fall von Polizeigewalt gegen Schwarze löste Empörung und Proteste aus, die teilweise in Gewalt ausarteten.

Am Rande der Proteste wurden in der vergangenen Woche zwei Menschen erschossen, als Tatverdächtiger wurde ein 17-jähriger Weißer festgenommen. Der mit einem Sturmgewehr bewaffnete Teenager hatte sich offenbar einer selbsternannten Bürgerwehr angeschlossen, die nach eigenen Angaben Geschäfte vor Randalierern schützen wollte. Trump lehnt es ab, das Verhalten des 17-Jährigen zu verurteilen. Die Lage in Kenosha hat sich inzwischen wieder beruhigt.

Die Stadt steht beispielhaft für die Spannungen im Land, die Trumps Regierungszeit prägen. Kritiker werfen dem Präsidenten vor, die Spannungen gezielt anzuheizen, um sich im Wahlkampf als Garant für Recht und Ordnung in Szene setzen zu können.

Erst am Wochenende hatten heftige Auseinandersetzungen von Anti-Rassismus-Demonstranten und Trump-Anhängern in der Stadt Portland im Westküstenstaat Oregon für Aufregung gesorgt. Am Rande der Proteste wurde ein Mitglied einer rechtsradikalen Gruppierung erschossen.

Für neue Proteste sorgte zudem der Tod eines Afroamerikaners durch Polizeischüsse am Montag in Los Angeles. Die Polizisten hatten den Fahrradfahrer Dijon Kizzee wegen eines mutmaßlichen Verkehrsdelikts stoppen wollen. Bei einer Verfolgungsjagd und einer folgenden Auseinandersetzung erschossen sie den 29-Jährigen. Er hatte laut Polizei zuvor ein Kleiderbündel fallen lassen, in dem sich eine Pistole befand.

Seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai kommt es in den USA regelmäßig zu Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. Trump verteidigt die Polizei und wirft den Demonstranten Gewalttätigkeit vor.

Für Aufsehen sorgte der Präsident nun im konservativen Nachrichtensender Fox News, in dem er die Polizeischüsse in Kenosha mit einem Fehler beim Golf-Spielen verglich. Polizisten würden unter Druck Fehler machen: "Sie versagen. Wie bei einem Golf-Turnier, wenn jemand einen Putt aus drei Fuß Entfernung verfehlt." Ein Putt ist ein Schlag beim Golf, bei dem der Ball nicht durch die Luft fliegt, sondern über den Rasen rollt.

by Von Robert CHIARITO und Sebastian SMITH