Die bekannte Virologin Melanie Brinkmann hat das aktuelle Vorgehen der Politiker in der Corona-Politik scharf kritisiert. Aus ihrer Ansicht würden die Lockerungen nun bei zu hohen Inzidenzwerten erfolgen. Zudem kritisierte sie das Fehlen einer Folge-Strategie, um die Entstehung einer 3. Corona-Welle zu verhindern.
Die Ergebnisse des letzten Bund-Länder-Gipfel haben die Virologin Melanie Brinkmann offenbar nicht überzeugt. “Was uns gerade präsentiert wird, ist eine intellektuelle Beleidigung an alle und keine Perspektive”, erklärte die bei der TU Braunschweig angestellte Forscherin nun gegenüber dem “Kölner Stadt-Anzeiger”. Aus ihrer Sicht seien die Inzidenzwerte noch zu hoch, um an Lockerungen zu denken. Zudem kritisierte die Virologin, dass der Lockdown der letzten Monate nicht genutzt worden sei, um effektivere Maßnahmen bei der Kontaktverfolgung, schnelleres Impfen oder auch ein intelligenteres Vorgehen beim Testen zu entwickeln. Alle diese Maßnahmen müssten eigentlich umgesetzt sein, bevor man mit den Lockerungen beginnen könne. “Ich fühle mich da als Bürgerin mit alten Eltern einerseits und drei schulpflichtigen Kindern andererseits im Stich gelassen”, erklärte Brinkmann, die auch am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) angestellt ist und in dieser Funktion Bund und Länder bei der Entscheidungsfindung in der Pandemie unterstützt.
Diesmal machte die Virologin keinen Hehl daraus, dass sie die zuletzt getroffenen Maßnahmen als ziemlich enttäuschend empfinde. Zudem sei sie desillusioniert, weil die Pandemiebekämpfung in Deutschland in ihren Augen nur sehr schlecht gelinge. “Eigentlich will ich solche Sätze von mir gar nicht zitiert haben. Schließlich bin ich Wissenschaftlerin. Aber ich bin auch Bürgerin. Ich halte es für eine sehr schlechte Idee, bei den aktuell hohen Inzidenzen in Deutschland die Schulen aufzumachen – ohne Testkonzept. Wer die Dynamik des Virus verstanden hat, kann darüber nur entsetzt sein”, kritisierte Brinkmann scharf. Brinkmann prognostiziert, dass die Entschlüsse der letzten Woche dazu beitragen werden, dass sich eine 3. Corona-Welle entwickelt. “Und wir werden wieder schließen müssen, weil uns die Intensivstationen volllaufen werden. Dann aber nicht mehr mit den über 80-Jährigen, denn die sind ja nun geimpft. Aber mit den 50- bis 80-Jährigen. Und deren Gesamtzahl ist weitaus größer”, warnt Brinkmann. Trotz aller Enttäuschung will die Virologin den Kampf gegen die Pandemie aber noch nicht verloren geben. Doch dazu müsse man bereit sein nun schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen.