Der Landesverband von Innenministerin Nancy Faeser (53, SPD) hat ein Video veröffentlicht, das Ministerpräsident Boris Rhein (51, CDU) grundlos vorwirft, mit der AfD paktieren zu wollen.
Fadenscheinige Begründung: Weil die CDU-Fraktion im thüringischen Landtag kürzlich mithilfe der Stimmen der AfD eine Senkung der Grunderwerbssteuer beschlossen hat, stünde auch in Hessen eine Zusammenarbeit von CDU und AfD bevor.
„Droht eine solche Kooperation bald auch in Hessen? Wird sich Boris Rhein von Rechtsextremen Stimmen besorgen?“ Mit diesen Worten beschwört die Hessen-SPD eine CDU-AfD-Kooperation. Rhein wird neben Porträtfotos des rechtsextremen, thüringischen AfD-Chefs Björn Höcke (51) dargestellt. Auch die AfD-Vorsitzende Alice Weidel (44) und der frühere Fraktionschef Alexander Gauland (82) werden gezeigt.
Schlechte Umfragen und heftige Kritik aus der eigenen Partei. Der CDU-Chef im Kreuzfeuer. Die Bundestagsfraktionen horten immer mehr Geld, am meisten: die AfD.
In dem knapp 90-sekündigen Video wird unter anderem auf die ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach verwiesen, die mittlerweile der AfD beigetreten ist und Vorsitzende der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung ist. Eingeblendet wird in dem Video auch ein wirs umstrittenen Wetzlarer CDU-Politikers Hans-Jürgen Irmer, der als Rechtsaußen in seiner Partei gilt.
► „Auf die CDU ist in Sachen AfD kein Verlass mehr“, sagt am Ende des Videos eine weibliche Stimme. „Wir garantieren, dass Hessen frei von rechter Politik bleibt.“ In großen weiß-roten Buchstaben wird dann eingeblendet: „Keine schwarz-braune Kooperation“.
Auch in den sozialen Medien stellt die Hessen-SPD den Ministerpräsidenten neben AfD-Köpfe. Sogar der Sozialdemokrat Otto Wels (1873 – 1939) wird zur Untermauerung der eigenen Prinzipien eingeblendet. Wels war in der Weimarer Republik SPD-Vorsitzender und erbitterter Gegner der Faschisten. Er gilt als Kopf der Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes der NSDAP und wurde 1933 ausgebürgert. ► Der CDU-Politiker Armin Laschet kritisierte das Video auf X (ehemals Twitter) und nahm Bezug auf die gefährliche historische Überhöhung der aktuellen Ereignisse: Die Lehre von Weimar sei, dass Demokraten gegen die Gefahr von Rechts zusammenstehen müssten und sich nicht gegenseitig diffamieren, schrieb er. Dass Faeser und die SPD gegen „die Partei von Walter Lübcke“ so agierten, sei menschlich enttäuschend und unverzeihlich. ► Politologe Prof. Jürger Falter sagte zu BILD: „Auch im Wahlkampf ist nicht alles erlaubt. Die Diffamierung des politischen Konkurrenten als offen für rechtsradikale Bündnisse, obwohl deren Spitzenkandidat, der CDU-Ministerpräsident Boris Rhein, ein Bündnis mit der AfD mehrfach klipp und klar ausgeschlossen hat, verletzt die Grenzen des politischen Anstands.“
► Auch von den Grünen kommt Kritik: Innen-Politiker Konstantin von Notz (52) postete das Video auf X und kommentierte: „Dieses Video geht gar nicht!“
Spitzenkandidatin Faeser soll laut „Tagesspiegel“ ihre Partei dazu angewiesen haben, das Video zurückzuziehen, wie Hessens SPD-Generalsekretär Christoph Degen mitteilte. Ob Faeser das Video zuvor freigegeben hat, blieb offen. Nancy Faeser stoppte das Video, um weiteren Schaden im Wahlkampf abzuwenden. Auf den Seiten der SPD war das Video am Samstagmittag nicht mehr zu sehen. Generalsekretär Degen war für die Deutschen Presse-Agentur für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen, auch die Sprecher der Landespartei und Faeser nicht.