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Tichanowskaja bittet EU nach umstrittener Wahl in Belarus um Unterstützung

Oppositionspolitikerin: EU darf Wahlsieg Lukaschenkos nicht anerkennen

Die belarussische Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja hat die EU um Unterstützung gebeten. Die EU dürfe das Ergebnis der Präsidentschaftswahl in Belarus nicht anerkennen, bei dem laut dem offiziellen Ergebnis der seit 26 Jahren autoritär regierende Präsident Alexander Lukaschenko wiedergewählt worden war, forderte Tichanowskaja am Mittwoch in einer Video-Botschaft aus ihrem litauischen Exil. Am Mittag kommen die EU-Staats- und Regierungschefs per Video-Schalte zu Beratungen über die Lage in Belarus zusammen.

"Ich appelliere an Sie, diese betrügerische Wahl nicht anzuerkennen", sagte Tichanowskaja in ihrer Botschaft an den EU-Gipfel. Lukaschenko habe "in den Augen unserer Nation und der Welt jede Legitimität verloren".

Der von der Opposition gegründete Koordinierungsrat werde am Mittwoch in Minsk tagen und eine "sofortige Abhaltung von fairen und demokratischen Präsidentschaftswahlen unter internationaler Beobachtung" fordern, sagte Tichanowskaja weiter. Die 37-Jährige hatte zuvor ihre Bereitschaft erklärt, die Führung in Belarus übergangsweise zu übernehmen.

Lukaschenko war bei der Abstimmung vor zehn Tagen laut dem offiziellen Wahlergebnis auf rund 80 Prozent der Stimmen gekommen, auf Tichanowskaja entfielen demnach nur rund zehn Prozent. Die belarussische Opposition wirft Lukaschenko massiven Wahlbetrug vor. Auch die EU nannte die Abstimmung "weder frei noch fair". Die britische Regierung hat bereits erklärt, das Ergebnis nicht zu akzeptieren.

Seit eineinhalb Wochen gibt es in Belarus Massenproteste, bei denen die Demonstranten den Rücktritt Lukaschenkos verlangen. Angesichts des teils brutalen Vorgehens der Sicherheitskräfte gegen friedliche Demonstranten floh Tichanowskaja nach Litauen. Auch am Dienstagabend protestierten in Minsk wieder zahlreiche Menschen.

Der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), forderte angesichts der "gefälschten Wahlen" und der "gewaltsamen" Unterdrückung von friedlichen Demonstrationen" in Belarus harte Sanktionen gegen die politischen Verantwortlichen in dem osteuropäischen Land. In der "Bild"-Zeitung (Mittwochsausgabe) forderte der CSU-Politiker: "Lukaschenko muss zurücktreten, und in freien Wahlen müssen die eigenen Bürgerinnen und Bürger über die Zukunft von Belarus entscheiden".

Zuvor hatte die grüne EU-Abgeordnete Viola von Cramon der Nachrichtenagentur AFP gesagt: "Ich glaube nicht, dass Lukaschenko die nächsten Tage politisch überleben wird". Die EU müsse den Transformationsprozess in Belarus nun "aktiv begleiten" und freie Wahlen unterstützen, sagte das Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Europaparlaments. Die europäischen Staats- und Regierungschefs hätten im Umgang mit Lukaschenko bislang eine "erfreuliche" Geschlossenheit gezeigt.

Eine Schlüsselrolle in dem Konflikt nimmt der russische Präsident Wladimir Putin ein. Russland hat enge wirtschaftliche und militärische Verbindungen zum kleinen Nachbarland Belarus. Lukaschenko hatte am Sonntag erklärt, ein Hilfsangebot von Putin erhalten zu haben. Er habe mit dem russischen Präsidenten vereinbart, dass "auf unsere erste Bitte hin umfassende Hilfe geleistet wird, um die Sicherheit von Belarus zu gewährleisten", sagte Lukaschenko.

Weber warnte in der "Bild"-Zeitung: "Russland muss wissen: Eine mögliche Eskalation Russlands hätte einen enorm hohen Preis." Europa sei in dieser Hinsicht alarmiert: "Russland ist zu häufig vor militärischer Gewalt nicht zurückgeschreckt."

by Sergei GAPON