Christian Schwochow im Interview
Ab dem 17. November ist die dritte Staffel der Erfolgsserie “The Crown” auf Netflix verfügbar. Mit Christian Schwochow (41, “Deutschstunde”) hat erstmals ein deutscher Regisseur mitgewirkt. Der 41-Jährige hat zwei Episoden verantwortet. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht er über das “ordentliche Budget”, das der Serie zur Verfügung steht, und schwärmt von der Arbeit mit der neuen Queen, Oscar-Preisträgerin Olivia Colman (45, “The Favourite – Intrigen und Irrsinn”). Außerdem stellt er klar, dass “The Crown” zwar “keinen Imagefilm für den Buckingham Palast” drehen will, aber auf etwas besonders Acht gegeben wird.
Christian Schwochow: Ich habe seit drei Jahren einen Agenten in London und der hat geschaut, was es für mich in England zu tun gibt. Irgendwann hat er die Produzenten von “The Crown” getroffen und ihnen meinen Kinofilm “Paula” gezeigt. Da sie gerade auf der Suche nach einem Regisseur für die dritte Staffel waren, durfte ich mich vorstellen. Ich hatte ein richtiges Bewerbungsgespräch via Skype. Das lief gut und ich habe daraufhin Peter Morgan, den Showrunner und kreativen Kopf der Serie, getroffen. Wir haben uns gegenseitig zugehört und relativ schnell sagte er: “Komm zu uns und dreh’ mit uns.”
Schwochow: Ich hatte vorher überhaupt nichts mit den Royals zu tun. Ich musste mir Wissen aneignen, habe es aber gerne gemacht, weil das sowieso meine Herangehensweise als Filmemacher ist. Ich liebe es, Welten zu erobern, die mir fremd sind. Ich habe eine ganze Menge gelesen und Leute getroffen in London, die mir Dinge erklärt haben. Das Tolle ist, dadurch dass “The Crown” so erfolgreich ist und Peter Morgan so eine einzigartige Arbeitsweise hat, gibt es ein ganz großes Recherche-Team, das einen bei allem unterstützen kann, was man wissen will. Es gibt eigentlich keine Information, die die nicht herausfinden können. Diese fachliche Unterstützung hat die Arbeit unheimlich angenehm gemacht.
Schwochow: Olivia Colman als Queen Elizabeth ist ein Traum, so ein wunderbarer Mensch und so eine tolle Schauspielerin. Sie hat während der Dreharbeiten den Oscar als beste Schauspielerin bekommen, blieb aber bodenständig, neugierig und offen. Das Gleiche gilt für Helena Bonham Carter und Tobias Menzies.
Schwochow: Ich kann nur Positives berichten. Ich habe nichts zu beklagen bei meiner Arbeit bei “The Crown”. Die Dreharbeiten waren toll. Ich habe meinen Kameramann aus Deutschland mitgebracht, Frank Lamm, mit dem ich alles mache. Ansonsten hatte ich ein zauberhaftes britisches Team. Es war durchaus viel größer als alles, was ich bisher gemacht habe. Aber es ist sehr professionell. Dadurch, dass die Serie ein ordentliches Budget hat und schon sehr erfolgreich ist, hat man tolle Arbeitsbedingungen.
Schwochow: Ja, das muss man klar sagen. Das Wichtigste sind natürlich immer die Geschichten und die Drehbücher. Aber auch die Entwicklung von guten Drehbüchern kostet Geld und kostet meistens mehr Geld als das, was in Deutschland dafür zur Verfügung steht. “The Crown” erzählt die Geschichte einer der wohlhabendsten Familien der Welt, die in einem großen Palast wohnt. Diesen nachzubauen und den Wohlstand mit einer ziemlichen Dimension zu zeigen, das ist nur mit viel Geld möglich. Ein großer Teil des Erfolgs von “The Crown” ist sicherlich die Opulenz. Es ist einfach teuer, dass man das auch wirklich glaubt, was man da sieht.
Schwochow: Ich muss grundsätzlich sagen, die Arbeit in England habe ich als sehr, sehr respektvoll empfunden. Man ist unheimlich höflich und passt gut aufeinander auf. Was mir in meinen ersten Drehtagen mit Olivia auffiel, war, dass es einen Runner gab, der ihr immer wieder Tee anbot und brachte. Als er ihr an einem Tag, an dem wir eine emotionale Szene drehten, zum dritten Mal Tee anbot, sagte sie: “Du setzt dich jetzt auf meinen Stuhl und ich hole dir einen Tee.” Das zeigt, mit wie viel Respekt man sich begegnet und wie angenehm die Arbeit war.
Schwochow: Nein. Es gibt natürlich Berater, die sich mit dem Königshaus sehr gut auskennen. Die Serie will die Royals nicht in die Pfanne hauen, aber sie will auch keinen Imagefilm für den Buckingham Palast drehen. Mit einigen Figuren wird sehr hart ins Gericht gegangen. Was aber immer sehr wichtig war, ist eine absolute Genauigkeit in der Darstellung der Details, der Vorgänge und der Etikette. Da gibt es einen wunderbaren Mann namens Major David, der 35 Jahre als Butler und Footman im Buckingham Palast gearbeitet hat. Er war an jedem Drehtag da, um uns zu beraten. Wie isst die Queen zu Mittag? Wie kann man sich das vorstellen? Wie läuft es ab, wenn man die Queen trifft? Wer spricht bei einer Audienz zuerst? Gibt man ihr die Hand? Auf all diese Dinge wird peinlich genau geachtet. Und das ist auch absolut wichtig.
Schwochow: Zu 100 Prozent ist das der Fall. Bei der Queen bin ich mir nicht sicher, aber die jungen Royals, Harry und William, schauen sich das ganz bestimmt an.
(cam/spot)