Europa muss sich möglicherweise auf eine Teilung der Ukraine und ein selbstbewussteres, aggressiveres Russland einstellen. Diese beunruhigende Einschätzung äußerte der Außenpolitikexperte Ian Bremmer (55) in einem Interview, der Grund - ein beängstigender Trump-Plan:
"Russland hat große Gebiete erobert und wird sie nicht aufgeben“, so Bremmer. "Die Ukraine verfügt derzeit nicht über die militärischen Mittel, diese Territorien zurückzuerobern, und niemand rechnet damit, dass Moskau sie freiwillig zurückgibt.“ Bremmer, Gründer der „Eurasia Group“ und Autor des einflussreichen Newsletters "GZERO Daily“, sieht Realpolitik als unvermeidlich, insbesondere mit Blick auf die bevorstehende Amtsübernahme von Donald Trump (78). "Der Krieg verläuft nicht zugunsten der Ukraine“, erklärt Bremmer. Er erwartet, dass Trump bald nach seiner Amtseinführung am 20. Januar auf ein Friedensabkommen drängen wird. Dies könnte für die Ukraine den Verlust des Donbas bedeuten – einer Region im Osten und Südosten des Landes, die seit langem umkämpft ist. Auch bei Präsident Wolodymyr Selenskyj (46) erkennt Bremmer Anzeichen von Kriegsmüdigkeit, etwa durch dessen jüngste Äußerung, unter Trump könnte der Krieg früher beendet werden. Laut Bremmer sei die Ukraine-Politik von Noch-Präsident Joe Biden (82) letztlich nicht erfolgreich gewesen.
Bremmer sieht Trump in einer Schlüsselrolle, aber mit potenziell drastischen Folgen für die transatlantische Zusammenarbeit. Der Ex-Präsident wolle künftige Waffenhilfen als Verhandlungsmasse nutzen und seine Friedenspläne ohne Abstimmung mit europäischen Verbündeten umsetzen. Keith Kellogg (80), ein ehemaliger Sicherheitsberater, könnte als Trumps Sondergesandter für die Ukraine und Russland eine zentrale Rolle übernehmen. Bremmer betont: "Europa, insbesondere Deutschland, wird gefordert sein, seine Position zu behaupten.“
Die größere strategische Frage sei, wie Europa mit einem möglichen Machtzuwachs Russlands umgehen werde. Sollte Kremlchef Wladimir Putin (72) gestärkt aus einem Ukraine-Deal hervorgehen, könnte er sich weiterhin als massive Bedrohung für Europa erweisen. "Putin wird ein dauerhafter Unruheherd bleiben“, warnt Bremmer. Dennoch glaubt der Experte nicht, dass Trump die NATO verlassen will. Vielmehr sei Trump überzeugt, die Allianz während seiner ersten Amtszeit gestärkt zu haben, und neigt dazu, an Errungenschaften festzuhalten, auf die er stolz ist.