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Teilergebnisse: Babis-Partei stärkste Kraft bei Parlamentswahl in Tschechien

Kommunisten verpassen erstmals seit Zweitem Weltkrieg Einzug ins Parlament

Bei der Parlamentswahl in Tschechien hat die populistische Partei ANO von Ministerpräsident Andrej Babis Teilergebnissen zufolge die meisten Stimmen erhalten, eine Parlamentsmehrheit aber verpasst. Wie die Wahlkommission am Samstag nach Auszählung von rund 80 Prozent der Stimmzettel mitteilte, kam die ANO auf 28,40 Prozent der Stimmen und damit 75 Sitze im 200-köpfigen Parlament.

Die Kommunisten werden demnach künftig nicht mehr im Prager Parlament vertreten sein - erstmals seit dem Zweiten Weltkieg. Laut Teilergebnis errang die Kommunistische Partei lediglich 3,8 Prozent.

Auf Platz zwei landet den vorläufigen Ergebnissen zufolge mit 26 Prozent das konservativ-christdemokratische Parteienbündnis "Zusammen"; das linksliberale Bündnis unter Führung der Piratenpartei kommt auf 15 Prozent. Die beiden Oppositionsbündnisse erreichen demnach zusammen 103 Sitze und hätten die Mehrheit im Parlament.

Die rechtsextreme Partei SPD zieht dem Teilergebnis zufolge mit zehn Prozent der Stimmen ins Parlament ein. Die islam- und EU-feindliche Partei des in Japan geborenen Tomio Okamura gilt als möglicher Koalitionspartner von Babis' ANO-Partei. Babis' bisheriger Partner, die Sozialdemokraten, mussten um den Einzug ins Parlament bangen.

Der Regierungschef war eine Woche vor der Wahl durch Enthüllungen im Rahmen der "Pandora Papers" in Erklärungsnot geraten. Demnach soll der 67-jährige Milliadär 2009 über eine Briefkastenfirma anonym ein Landschloss in Südfrankreich für 15 Millionen Euro gekauft haben. Die Herkunft des Geldes ist nicht bekannt, der Vorwurf der Geldwäsche steht im Raum.

Babis wies die Anschuldigungen als Verleumdungskampagne zurück. In der Vergangenheit hatten Betrugsvorwürfe und andere Skandale dem Populisten bereits kaum ernsthaft geschadet.

Die Wahlbeteiligung lag mit voraussichtlich knapp 65 Prozent deutlich über dem Wert von 2017. Damals waren knapp 61 Prozent der Berechtigten zur Wahl gegangen.

by JOE KLAMAR