“Tatort: Die goldene Zeit”
Im neuen “Tatort: Die goldene Zeit” (9. Februar, 20:15 Uhr, das Erste) wird der Zuschauer mit auf den Hamburger Kiez genommen und erhält einen Einblick in die kriminellen Strukturen, die sich hinter der Touristenattraktion verstecken. Zwischen Prostitution und Menschenhandel ermittelt die österreichische Schauspielerin Franziska Weisz (39), die seit 2016 als Polizeioberkommissarin Julia Grosz in diesem “Tatort”-Ableger zu sehen ist. Wie sie privat zum Kiez steht, ob die Tränen echt waren und wie es mit den Kommissaren Grosz und Falke (Wotan Wilke Möhring, 52) weitergeht, verrät die Schauspielerin im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.
Franziska Weisz: Ich finde es gut, dass ich reingeschubst wurde. Schließlich ist es ein Versäumnis, als Polizistin von Hamburg und Umgebung den Kiez nicht zu kennen. Aber ich muss sagen: Privat hätte ich freiwillig nicht so viel Zeit da verbracht. Am helllichten Tag liegen dort kaputte Menschen am Straßenrand, die ihr Leben weggeworfen haben. Dann wird es dunkel und die Touristen kommen, denen erzählt wird, wo überall die Beatles gespielt haben. Es wird noch dunkler und der Sex-Tourismus beginnt. Es ist eine absurde Plastik-Welt.
Weisz: Wir haben das große Glück, dass die Bundespolizei in Hamburg uns tatkräftig unterstützt. Die nehmen uns unter die Fittiche, schauen sich die Drehbücher an und erzählen uns Dinge darüber. Das ist ein großer Luxus. Wir haben mit einem ehemaligen Polizisten eine Kiez-Tour gemacht. Das war super. Er hatte überall Geschichten auf Lager – wo zum Beispiel die Marek-Bande war. Ich habe mir die Themen Menschenhandel und organisiertes Verbrechen in Deutschland näher erklären lassen. Das war vor den Dreharbeiten und so konnte ich das Wissen einfließen lassen.
Weisz: Genau. Das finde ich am Drehbuch sehr schön: Der Vergleich alter Kiez versus neuer. Nostalgie versus Kriminalität – Falke und Grosz machen dabei auch ihre Standpunkte klar. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass für Figuren wie Lübcke, die Zeiten damals wirklich golden waren. Schließlich fuhr er damals mit seinem Chef mit dem Rolls-Royce durch den Kiez und hat auf irgendeiner Yacht seinen Urlaub verbracht. Aber die Frauen, die damals angeschafft haben, die sind mittlerweile wahrscheinlich tot oder Alkoholikerinnen.
Weisz: Es sollte alles sehr realitätsnah sein. Bis kurz vor Drehstart hieß es noch, wir spielen in einem echten Bordell. Das ging dann aus diversen Gründen doch nicht. Der Drehort wurde allerdings so realistisch wie möglich nachempfunden. Und da dachte ich mir: Ich würde als Mann nicht können. Andererseits möchte ich nicht alle über einen Kamm scheren. Nicht alle Prostituierten in Deutschland sind Zwangsprostituierte und wurden durch Menschenhandel nach Deutschland gebracht. Es wird auch eine hübsche, selbstbewusste Deutsche um die 30 gezeigt, die sagt, dass sie gerne dort arbeitet. Und das finde ich gut, dass wir das im “Tatort” gezeigt haben. Schließlich gibt es das auch.
Weisz: Wer weiß. Ich finde das sehr schön bei “Querschläger”, dass das Ganze mit einem Flüstern ins Ohr beendet wird, bei dem wir nicht genau wissen, was Grosz ihrer Kollegin sagt. Das ist auch die Stärke unseres “Tatorts”, dass wir nicht so sehr in die privaten Geschichten reingehen, sondern es primär um die Kriminalfälle geht. Diese privaten Geschichten werden immer nur leicht angestupst. In der “Goldenen Zeit” gibt es zum Beispiel die Verbindung mit dem Jungen und Falke trifft auf seinen alten Mentor. Viel mehr Raum nehmen wir uns nicht für das Privatleben unserer Kommissare. Aber es könnte sein, dass dieser Ball nochmal aufgenommen wird.
Weiz: Ja, auf jeden Fall. Mir wurde noch nie Wasser in die Augen gegossen oder diese anders künstlich zum Weinen gebracht. Schließlich geht es nicht darum, dass eine Figur eine Träne verdrückt. Es soll intensiv sein – dafür braucht es nicht immer Tränen. Aber wenn sie kommen, sind sie richtig. Deswegen fand ich das auch sehr schön, dass Julia Grosz endlich emotional sein darf und das auch zulassen kann. Es waren ihre ersten Tränen im “Tatort”. Es stand nicht im Drehbuch. Wir haben uns allerdings darauf geeinigt, dass das der Moment ist, in dem wir Grosz in die Seele schauen können. Nina Spengler ist eine ausgesprochen gute Regisseurin, mit einem herausragenden Gespür für ihre Figuren. Sie hat es geschafft, bei allen Figuren das Innere heraus zu kehren. Man kommt so den Personen ganz nah.
Weisz: Die beginnen im April. Gerade sind wir mit den Dreharbeiten auf Norderney fertig geworden. Und ich kann bestätigten, dass mein wahnsinnig mutiger Kollege Wotan Wilke Möhring im November für einen halben Drehtag in die Nordsee gestiegen ist. Ich habe das Drehbuch gelesen und dachte mir: “Um Gottes Willen, das könnt ihr nicht wirklich machen!” Aber er hat es durchgezogen.
Weisz: Ich habe das Drehbuch noch nicht gelesen. Ich glaube nur, gehört zu haben, dass es diesmal mehr um die Bundespolizei gehen wird. Bisher wurde immer nur nebenbei erwähnt, dass wir von der Bundespolizei sind. Aber viele können sich darunter nicht so viel vorstellen. Und diesmal soll es ein Fall sein, der sich mehr den Strukturen widmet. Ein richtiger Polizeifilm.
(amw/spot)