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“Tatort: Falscher Hase”: So gut ist der Frankfurt-Krimi

Die Sommerpause ist vorbei

“Falscher Hase” heißt der neue “Tatort” aus Frankfurt, dessen Inhalt weitaus weniger saftig ist, als die allseits bekannte Hackbratenvariation. Die Kommissare Paul Brix (Wolfram Koch, 57) und Anna Janneke (Margarita Broich, 59) ermitteln dieses Mal im Kleinganovenmilieu.

Eine mittelständische Solartechnologie-Firma ist bestohlen worden, aus dem Firmensafe wurden kiloweise seltene Erden entwendet. Bei dem Diebstahl stirbt ein Wachmann und es macht zunächst den Eindruck, dass hier Profis am Werk waren. Was Brix und Janneke nicht wissen, die Zuschauer aber schon: Der Überfall ist fingiert. Der Unternehmenseigner Hajo Lohmann (Peter Trabner, 50) und seine Ehefrau Biggi Lohmann (Katharina Marie Schubert, 42) wollen ihre Versicherung betrügen und mit dem Geld den Betrieb vor der Pleite retten. Bei der Aktion werden sie vom Wachmann (Thorsten Merten, 56) überrascht, den Biggi mit einem gezielten Schuss zwischen die Augen tötet.

So ist nach den ersten fünf Minuten klar, dass dieser Tatort weniger auf klassische Ganovenjagd geht, sondern vielmehr eine andere Geschichte erzählen will – eine von Liebe und Verzweiflung, die die Liebenden zu verzweifelten Taten treibt.

Denn – Überraschung – die Versicherung der Lohmanns weigert sich, für den Schaden aufzukommen. Gleichzeitig hat der Lagermeister des Unternehmens, Uwe (Godehard Giese, 46), Wind von dem Plan des Ehepaars bekommen und will seinen Teil vom Kuchen abhaben. Nach und nach wächst so erst die Zahl der Personen, die Interesse an den wertvollen Metallen haben, dann die der Toten – und mit ihr die Verwirrung beim Zuschauer.

Einzig eines macht dieser “Tatort” unmissverständlich klar: Der Winter steht vor der Tür. Wir sehen die Kommissare im dichten Nebel auf einem Feld. Bei ihren Ermittlungen sind sie stets in dicke Jacken eingepackt und frösteln, selbst im Kommissariat, denn dort funktioniert die Heizung nicht. Will uns der Hessische Rundfunk etwa auf die bevorstehenden Wintermonate einstimmen?

Die Grundidee von “Falscher Hase” ist eigentlich ganz reizend, denn als Zuschauer sympathisiert man mit dem naiven Bonnie-und-Clyde-Duo, das die Lohmanns abgeben. Ihre Liebe ist echt, das bleibt auch den beiden Kommissaren nicht verborgen. Sie handeln zudem aus einem scheinbar ehrbaren, mindestens aber nachvollziehbaren, Motiv heraus: die Rettung der Firma und mit ihr der an ihr hängenden Arbeitsplätze.

Allerdings ist “Falscher Hase” arg überfrachtet mit verschiedenen Figuren. Da sind der Lagermeister und sein Kumpel Sahni (Ronald Kukulies, 47), die ihrerseits die Metalle über den zwielichtigen Rick (Friedrich Mücke, 38) verkaufen wollen. Rick hat einen noch zwielichtigeren Bruder Guy (Werner Daehn, 51), der hat eine skrupellose Frau Anouk (Johanna Wokalek, 44) und dann sind da auch noch ein paar ganz zwielichtige Russen.

Knapp die Hälfte der Figuren lernt der Zuschauer erst ab der Hälfte des Films kennen, kurz darauf sind einige davon auch schon wieder tot. Die Folge: Keine der Figuren kann wirklichen Tiefgang entwickeln. Das ist schade, vor allem wenn man sich die Besetzung dieses “Tatort” ansieht.

Aus dem unüberschaubaren Beziehungsgeflecht, das “Falscher Hase” entspinnt, sticht lediglich die Beziehung der Lohmanns hervor, denen man als Zuschauer bis zum Schluss wünscht, sie mögen ihre Liebe trotz ihrer Taten in Frieden ausleben dürfen. So ist der Auftakt-“Tatort” weniger ein spannender Krimi, als vielmehr eine mit Figuren überfrachtete Liebesgeschichte geworden, die zwar nicht langweilt, aber leider auch nicht richtig in ihren Bann zu ziehen vermag. Und mal ehrlich: Wer will Anfang September schon daran erinnert werden, dass es demnächst wieder kalt wird?

(pcl/spot)

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