Tag der Entscheidung in den USA: Bei der weltweit mit Spannung verfolgten Präsidentschaftswahl bestimmen die US-Bürger am Dienstag den Sieger des erbitterten Duells zwischen Amtsinhaber Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden. Die ersten Wahllokale öffneten um 06.00 Uhr (Ortszeit), mehr als hundert Millionen Wahlberechtigte gaben ihre Stimme jedoch bereits vor dem offiziellen Wahltermin ab. Bei den Kongresswahlen kämpfen Demokraten und Republikaner außerdem um die Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus.
Selten war eine US-Wahl so umkämpft: Bis zuletzt schürte Trump Angst vor Unruhen und warnte vor angeblichem Wahlbetrug - vor allem durch die vielen Briefwahlstimmen. Viele seiner Kritiker befürchten, dass er seine mögliche Niederlage nicht anerkennen könnte - und nach der Wahl eine harte Auseinandersetzung um deren Ergebnis folgen könnte.
Am Wahltag sagte Trump dem Sender Fox News, er fühle sich "sehr gut" bezüglich seiner Siegchancen. "Ich glaube, wir werden den Sieg erringen". Zu Berichten, er könnte sich frühzeitig zum Sieger erklären, sagte Trump , dies werde er nur dann tun, "wenn es einen Sieg gibt". Er wolle keine "Spiele spielen". Zugleich betonte er aber, die US-Bürger hätten ein Recht darauf, noch am Wahltag zu erfahren, wer die Wahl gewonnen habe.
Ergebnisse aus ersten Bundesstaaten werden nach Mitternacht (MEZ) erwartet. Es ist aber unklar, ob die US-Fernsehsender schon in der Wahlnacht einen Gesamtsieger ausrufen werden. Wegen der vielen Briefwahlstimmen dürfte die Auszählung länger dauern. Bei dieser Präsidentschaftswahl droht ein tage- oder sogar wochenlanger Wahlkrimi.
Der amtierende Heimatschutzminister Chad Wolf rief die US-Bürger auf, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl "geduldig" abzuwarten. Bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses könne einige Zeit verstreichen, sagte Wolf dem Sender Fox News.
Die bereits vor dem Wahltag abgegebenen Stimmen entsprechen nach Angaben des US Elections Project der Universität von Florida mehr als 70 Prozent aller insgesamt bei der Präsidentschaftswahl 2016 abgegebenen Stimmen. Angetrieben wurde das Early Voting durch die Corona-Pandemie und die Angst vor Ansteckungen in den Wahllokalen am eigentlichen Wahltag
Beide Kandidaten waren auch noch am Wahltag in den Bundesstaaten unterwegs und kämpften um die noch unentschlossenen Wähler: Biden trat nochmals in Pennsylvania auf, Trump wollte Virginia besuchen. Er wolle wieder grundlegende Werte wie "Anstand und Ehre" im Weißen Haus verankern, sagte Biden in seinem Heimatort Scranton in Pennsylvania.
Biden gab sich trotz der Führung in Umfragen bis zuletzt nur vorsichtig optimistisch. "Ich habe das Gefühl, dass wir morgen für einen großen Sieg zusammenkommen werden", sagte Trumps Herausforderer von den oppositionellen Demokraten am Montag. Es sei an der Zeit, "unsere Demokratie zurückzuerobern".
Obwohl Biden bis zuletzt in landesweiten Umfragen deutlich vor Trump lag, zeigten sich die Demokraten über den gesamten Wahlkampf hinweg zurückhaltend: Weil die Präsidentschaftswahl auf Ebene der Bundesstaaten abgehalten wird, sind solche Zahlen nur bedingt aussagekräftig. In besonders wichtigen und womöglich wahlentscheidenden Bundesstaaten wie Florida und Pennsylvania zeichnen sich enge Rennen ab.
Mit Sorge denken die Demokraten an das Jahr 2016 zurück: Damals sahen die Demoskopen Trump klar hinter seiner demokratischen Rivalin Hillary Clinton. Am Ende zog Trump ins Weiße Haus ein.
Traditionsgemäß läutete das winzige Dorf Dixville Notch im Nordosten der USA die Präsidentschaftswahl ein. Kurz nach Mitternacht gaben die nur fünf wahlberechtigten Einwohner ihre Stimmen dort im Wahllokal ab. Alle fünf Stimmen entfielen auf Biden, Amtsinhaber Trump ging leer aus.
Der Wahlkampf stand stark unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Mit mehr als 230.000 Toten haben die USA die höchste Opferzahl weltweit zu beklagen. Biden kritisierte Trumps Krisenmanagement daher immer wieder scharf.
Neben der Präsidentschaftswahl findet am Dienstag auch die Kongresswahl statt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Senat, den die oppositionellen Demokraten erobern könnten. Bislang haben Trumps Republikaner in der Kongresskammer eine Mehrheit von 53 zu 47 Stimmen. Im Repräsentantenhaus haben dagegen seit 2018 die Demokraten die Mehrheit.
by Von Chris Lefkow