Mehr als 75 Jahre nach dem Ende von Naziterror und Holocaust ist das Interesse an Nachforschungen über die Opfer weiter ungebrochen hoch. Wie der internationale Such- und Archivdienst Arolsen Archives im hessischen Bad Arolsen am Donnerstag mitteilte, stieg die Zahl der Anfragen von Angehörigen zu den Schicksalen von Ermordeten und Überlebenden im vergangenen Jahr um zehn Prozent. Dazu kamen hohe Zugriffszahlen im Onlinearchiv.
Unter dem Namen Arolsen Archives firmiert inzwischen der frühere Internationale Suchdienst oder International Tracing Service (ITS). Dabei handelt es sich um eine nach dem Zweiten Weltkrieg gegründete internationale Einrichtung zur Klärung der Schicksale von ausländischen NS-Opfern, die in deutsche Konzentrations- und Zwangsarbeiterlager verschleppt wurden. Sie wird von Deutschland und mehreren anderen Staaten betrieben und besitzt heute das größte Archiv an entsprechenden Dokumenten und Quellen weltweit.
Im vergangenen Jahr erreichten die ursprünglich von den Alliierten ins Leben gerufene und in Kooperation mit dem Internationalen Roten Kreuz betriebene Suchorganisation Anfragen zu etwa 26.000 Naziopfern. Drei Viertel davon kamen von Verwandten, in etwa 60 Prozent der Fälle konnte das Archiv helfen und Dokumente finden. Die Zahl der Auskunftsersuchen, die NS-Verfolgte selbst stellten, sank mit zunehmendem Abstand zum Kriegsende dagegen weiter. 2020 machten sie nur noch weniger als ein Prozent aller Anfragen aus.
Großes Interesse fand zugleich ein erst seit eineinhalb Jahren bestehendes Onlinearchiv des Diensts, in dem dieser seine Dokumenten- und Sammlungsbestände veröffentlicht. Dort können Interessierte auf eigene Faust nach den Spuren von KZ-Insassen, Zwangsarbeitern oder Überlebenden des NS-Terrors suchen. 2020 wurde es bereits von rund 900.000 Nutzern aus aller Welt genutzt.
by JENS SCHLUETER