Frankreichs Premierminister Michel Barnier (73) hat am Nachmittag offiziell seinen Rücktritt eingereicht, nachdem seine Regierung per Misstrauensvotum gestürzt wurde. Präsident Emmanuel Macron (46) hat entschieden, dass Barnier und sein Kabinett vorerst geschäftsführend im Amt bleiben. Nun droht auch Macron zu stürzen, es könnte ganz Europa ins Wanken bringen, hier mehr:
Bislang hat Macron zu den politischen Turbulenzen geschwiegen, doch heute Abend um 20 Uhr will er in einer Fernsehansprache der Nation erläutern, wie er die politische Blockade im Parlament, den Haushalt und die immense Staatsverschuldung von 3,2 Billionen Euro angehen möchte. Auch seine eigene politische Zukunft steht dabei im Fokus, da der Druck auf den Präsidenten zunimmt.
Laut Jörg Krämer (58), Chefvolkswirt der Commerzbank, gibt es derzeit keinen Anlass zur Sorge. "Die Finanzmärkte haben auf die politischen Entwicklungen gelassen reagiert“, erklärt Krämer gegenüber BILD. Zwar ist Frankreichs Schuldenquote von 112 Prozent des BIP problematisch, doch die Bewertung durch die Märkte erfolge "in geordneten Bahnen“ und nicht als direkte Reaktion auf das Misstrauensvotum. Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte im Notfall eingreifen und Staatsanleihen aufkaufen, wie es bereits 2012 unter Mario Draghi angekündigt wurde: "Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten.“
Ökonomen sehen Risiken für die Stabilität der Gemeinschaftswährung, sollte Frankreich weiterhin über seine Verhältnisse wirtschaften. Harvard-Ökonom Kenneth S. Rogoff (71) warnt, dass eine mangelnde Haushaltsdisziplin Frankreich dazu bringen könnte, Druck auf die EZB auszuüben, die Zinsen niedrig zu halten. Dies würde unweigerlich die Inflation anheizen. Kurzfristig bleibt der Euro stabil: Der Kurs bewegte sich in den vergangenen sieben Tagen konstant um die Marke von 1,05 US-Dollar. Doch langfristig könnten die wirtschaftlichen Folgen für die gesamte Eurozone spürbar werden, vor allem für Sparer, deren Vermögen durch steigende Preise schleichend entwertet wird.
Ein Rücktritt des Präsidenten gilt weiterhin als unwahrscheinlich. Macron, dessen Amtszeit regulär bis 2027 läuft, steht vor der Herausforderung, eine neue, stabilere Regierung zu formen. Bislang gibt es jedoch keinen rechtlichen oder politischen Zwang, das Amt frühzeitig niederzulegen. Dennoch wächst die Kritik, auch aus dem konservativen Lager, das bislang hinter ihm stand. Jean-François Copé, Bürgermeister von Meaux, erklärte in einem Interview: "Wenn Macron erkennt, dass alles blockiert ist und die Interessen des Landes Vorrang haben sollten, dann sollte er zurücktreten.“ Macron, bekannt für unvorhersehbare politische Manöver, könnte in seiner Ansprache heute Abend für Überraschungen sorgen. Eine simple Fortsetzung des Status quo scheint angesichts der politischen Krise wenig wahrscheinlich.