Am Bonner Landgericht hat am Montag der für mehrere Monate angesetzte Strafprozess gegen den Hamburger Bankier Christian Olearius wegen des Vorwurfs des schweren Steuerbetrugs mit sogenannten Cum-Ex-Geschäften begonnen. Als langjähriger Chef der Hamburger Warburg-Bank soll Olearius maßgeblich an derartigen Geschäften beteiligt gewesen sein. Weil es sich um ein Strafverfahren handelt, muss der Angeklagte den gesamten Prozess über vor Ort sein.
Die Staatsanwaltschaft Köln hatte Olearius besonders schwere Steuerhinterziehung in 15 Fällen zwischen 2006 und 2019 zur Last gelegt, das Bonner Gericht ließ in 14 Fällen die Anklage zu. Laut Staatsanwaltschaft entstand ein Steuerschaden von knapp 280 Millionen Euro.
Hinter dem Cum-Ex-Skandal steht das womöglich umfassendste System der Steuerhinterziehung in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Der Staat wurde um Milliarden geprellt. Investoren schoben Aktienpakete rund um den Dividendenstichtag hin und her mit dem Ziel, sich vom Finanzamt Kapitalertragssteuern zurückerstatten zu lassen, die nie gezahlt worden waren.
Die Warburg-Bank betrieb diese Geschäfte und der Anklage zufolge war Olearius maßgeblich daran beteiligt. Er soll sich "detailliert" mit Cum-Ex-Strategien befasst und entsprechende Geschäfte auch initiiert und abgesegnet haben. Insbesondere soll er für die Unterzeichnung von Steuererklärungen, die zur Rückerstattung nicht gezahlter Kapitalertragssteuern führten, zuständig gewesen sein.
Im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal gibt es auch Vorwürfe gegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): Dieser habe als damaliger Hamburger Bürgermeister möglicherweise politischen Einfluss auf die Finanzbehörden der Hansestadt ausgeübt, damit die Warburg-Bank Steuerschulden nicht begleichen musste. Scholz hat persönliche Treffen mit Warburg-Banker Olearius bestätigt, sagte jedoch, er habe keine konkrete Erinnerung mehr an den Inhalt der Gespräche.
Bis März 2024 sind insgesamt 28 Verhandlungstermine in Bonn angesetzt. Unter anderem der ehemalige Linken-Politiker Fabio De Masi fordert, dass auch Scholz vor Gericht angehört wird. Der Finanzexperte Gerhard Schick von der Organisation Finanzwende kritisierte anlässlich des Prozessbeginns die Nähe zwischen Politik und Banken in Hamburg. Es stelle sich die Frage "ist da ein Filz, wo man aufräumen muss?", sagte er dem Sender Phönix.
Den gesamten Cum-Ex-Komplex bezeichnete Schick als "Mammutskandal". Der Schaden belaufe sich möglicherweise auf mehr als 30 Milliarden Euro, ein Verfahren dieser Größe habe eine deutsche Staatsanwaltschaft noch nicht gehabt. "Wir reden über 1700 Beschuldigte."
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