Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Bedeutung der Kultur für die Demokratie hervorgehoben. "Die Pandemie hat uns bewusst gemacht, welche Bedeutung, welchen Wert Kunst und Kultur für uns haben – für das Leben jedes und jeder Einzelnen, aber auch für unsere Gesellschaft und unsere Demokratie", sagte Steinmeier am Freitag in Berlin bei der Verleihung von Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland an 14 Männer und Frauen, darunter überwiegend Kulturschaffende.
"Kultur ist Grundbedingung für das Gelingen der Demokratie", betonte Steinmeier. Eine lebendige Demokratie, die von den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam getragen werde, die fähig zur Selbstkorrektur sei und offen für eine bessere Zukunft, "eine solche Demokratie ist ohne Kunst und Kultur nicht zu haben".
Zu den im Schloss Bellevue Ausgezeichneten zählen der Schauspieler Burghart Klaußner, bekannt durch den Film "Der Staat gegen Fritz Bauer" und der Regisseur Christian Petzold, der unter anderem "Barbara" drehte. Geehrt wurden auch die Blockflötistin Dorothee Oberlinger, die Schriftstellerin Terézia Mora, Ilona Scholl und Max Strohe, die in Berlin während der Pandemie für Menschen in sytemrelevanten Berufen kochten, sowie der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster.
Alle Ausgezeichneten trügen dazu bei, "dass wir uns in unserer vielfältigen Gesellschaft näherkommen und besser verstehen", sagte Steinmeier. Zentralratspräsident Schuster sei kein Künstler. Er habe sich aber "in herausragender Weise für eine politische Kultur der Toleranz einsetzt, besonders für ein respektvolles Miteinander von Menschen verschiedener Religionen".
Angesichts der sozialen Nöte, in die viele Künstler und Freiberufler während der Corona-Pandemie gerieten, sprach sich Steinmeier für stärkere Hilfen aus. Dass Kinos, Theater und Konzertsäle geschlossen, Festivals und Ausstellungen abgesagt werden mussten, habe Zehntausende in existenzielle Not gestürzt. Künstler müssten nicht nur sozial besser abgesichert werden. "Wir müssen ihre Arbeit dauerhaft fördern und unterstützen", sagte der Bundespräsident.
Steinmeier wertete die Ordensverleihung an die Kulturschaffenden daher auch als Signal. "Wir dürfen nicht zulassen, dass einzelne Zweige unserer Kultur nach der Coronakrise verdorren oder absterben", betonte er. Das schulde die Gesellschaft nicht nur den Künstlerinnen und Künstlern, sondern auch der Demokratie.
Ursprünglich sollten auch der Musiker und Schauspieler Thomas Rühmann, bekannt aus der Fernsehserie "In aller Freundschaft", sowie der Musiker Tobias Morgenstern, der 1998 gemeinsam mit Rühmann ein Theater im Oderbruch gründete, am Freitag den Verdienstorden erhalten. Beide nahmen nicht an der Verleihung teil.
Laut einer Sprecherin des Bundespräsidenten entschied sich Steinmeier gegen eine Ordensverleihung an Tobias Morgenstern, weil "konkrete Hinweise" bekannt geworden seien, dass sich der Künstler der sogenannten Querdenker-Bewegung angeschlossen habe. Die Ordensverleihung an Thomas Rühmann soll später nachgeholt werden. Beide werde der Bundespräsident zudem in Kürze zu einem Gespräch treffen, erklärte die Sprecherin.
Anlässlich des Tags der Deutschen Einheit zeichnet der Bundespräsident jedes Jahr Männer und Frauen aus, die den Zusammenhalt in Deutschland und Europa stärken.
by John MACDOUGALL