Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zum 70. Jahrestag des Volksaufstands in der DDR den Mut und den Freiheitswillen der Protestierenden gewürdigt. "Hunderttausende hatten im Juni 1953 den Mut, der SED-Diktatur die Stirn zu bieten. Sie riskierten ihr Leben", sagte Steinmeier am Freitag während einer Gedenkstunde des Bundestags.
Auslöser der Streiks und Demonstrationen sei "der Zorn über Unrecht, Unterdrückung und Gewalt" gewesen. Die "Sehnsucht nach Freiheit" und "die Hoffnung auf eine bessere, eine selbstbestimmte Zukunft" habe die Menschen auf die Straße getrieben.
"Was damals geschah, war eine Massenerhebung gegen die Diktatur. Ein Volksbegehren für die Demokratie", sagte Steinmeier. Die Menschen in der DDR hätten damals "für ein Leben in Würde in einem geeinten Deutschland" gekämpft. "Sie waren Vorkämpfer unserer heutigen Demokratie! Und bis heute sind sie Vorbilder für den Kampf gegen Unrecht und Unterdrückung."
1953 hatten in zahlreichen Städten und Gemeinden der damaligen DDR Arbeiter zunächst gegen Erhöhungen ihrer Arbeitsnormen protestiert, später hatten Demonstranten dann auch freie Wahlen gefordert. In der DDR stationierte sowjetische Truppen schlugen den Aufstand nieder. "Mehr als fünfzig Menschen wurden damals erschossen, geradezu hingerichtet, erlagen ihren Verletzungen oder starben in der Haft", sagte Steinmeier.
Er rief dazu auf, die Erinnerung an den Volksaufstand wachzuhalten. "Viel zu lange wurde den Männern und Frauen des 17. Juni die Aufmerksamkeit und die Anerkennung verwehrt, die ihnen gebührt", sagte Steinmeier. "Der Volksaufstand vom 17. Juni ist ein herausragendes Ereignis der deutschen Freiheitsgeschichte."
Auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) bezeichnete den 17. Juni 1953 als "ein Schlüsselereignis" der deutschen Geschichte. "Mutige Frauen und Männer in der DDR haben zwei große Freiheitsbewegungen in Gang gesetzt", sagte sie. "Was 1953 mit brachialer Gewalt unterdrückt wurde, fand 1989 eine späte Vollendung - in der friedlichen Revolution."
Der Aufstand vom 17. Juni habe dennoch "nicht den Platz in unserem historischen Gedächtnis, den er verdient". Bas rief dazu auf, die Pläne für die Errichtung eines zentralen Mahnmals für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft in Deutschland schnell umzusetzen.
Während der Gedenkzeremonie im Bundestag trugen Schülerinnen und Schüler Berichte von Augenzeugen vor. Die Zeitzeugen, die in der DDR politisch verfolgt und inhaftiert wurden, waren bei der Gedenkstunde anwesend. Einer von ihnen schilderte selbst seine Erinnerungen an den damaligen Tag. Außerdem wurde ein Tondokument von einer Versammlung von Arbeitern des Elektromotorenwerks in Wernigerode vom 17. Juni 1953 abgespielt.
bfi/cha