Staffel zwei in Arbeit
In der britischen Minicomedyserie/Beziehungskomödie “State of the Union” (2019) trifft sich ein Ehepaar vor den wöchentlichen Paartherapiesitzungen in einer Kneipe und spricht über seine Eheprobleme. Regisseur Stephen Frears (79, “Philomena”) inszenierte die Miniserie in zehn zehnminütigen Kapiteln nach dem Roman “Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst: Eine Ehe in zehn Sitzungen” von Kultautor Nick Hornby (63, “About a Boy”), aus dessen Feder auch das Drehbuch stammte.
Das mit drei Emmys ausgezeichnete britische TV-Format wird am Sonntag (31. Januar) ziemlich versteckt, aber dafür am Stück ab 23:35 Uhr im Ersten seine Free-TV-Premiere feiern. Ab 1. Februar ist es in zehn Episoden in der ARD-Mediathek zu sehen.
Das Ehepaar Tom (Chris O’Dowd, 41) und Louise (Rosamund Pike, 42) trifft sich einmal die Woche tagsüber auf einen Drink im Pub: Er bestellt Bier, sie Weißwein – und anschließend geht es zur Eheberatung. Nachdem Louise fremdgegangen ist, steht die Beziehung trotz zweier Kinder auf der Kippe. Um die Ehe zu retten, will Louise aufarbeiten, was seit Langem schiefläuft – angefangen mit der Flaute im Bett, der Ursache für ihre Untreue.
Zwar bedauert die attraktive 40-Jährige ihre Affäre, doch ganz aus der Verantwortung möchte sie den sichtbar verletzten Tom nicht lassen. Aber auch Tom hat seine Gründe, warum er irgendwann alle intimen Aktivitäten eingestellt hat. Die unterschiedlichen Interessen, die beim Kennenlernen so charmant wirkten, führen inzwischen zu Konflikten. Tom, ein arbeitsloser Musikkritiker, liebt Filmklassiker, Louise, eine vielbeschäftigte Ärztin, lässt sich gerne von Serien berieseln.
Als Tom sogar zugibt, aus einer Protesthaltung heraus für den Brexit gestimmt zu haben, ist Louise außer sich. Kann es sein, dass ihre Kinder und das Interesse an Kreuzworträtseln ihre letzten Gemeinsamkeiten sind?
Der 1957 im südlichen Londoner Vorort Redhill geborene Kultautor Nick Hornby und der für sein Königin-Elizabeth-Biopic “The Queen” (2006) Oscar-nominierte Regisseur Stephen Frears, der 1941 in der Stadt Leicester zur Welt kam, sind ein berufliches Dreamteam. Die Miniserie “State of the Union” ist nicht ihre erste erfolgreiche Zusammenarbeit. Ebenfalls nach einem Hornby-Roman entstand der Frears-Film “High Fidelity” (2000) mit John Cusack (54) in der Hauptrolle. Die Deutsche Film- und Medienbewertung FBW in Wiesbaden verlieh der Kinokomödie damals das Prädikat “besonders wertvoll”.
Die britische Schauspielerin Rosamund Pike und ihr irischer Kollege Chris O’Dowd sind eine Idealbesetzung für dieses kammerspielartige Serienprojekt. Man nimmt beiden jeden einzelnen Satz in jedem Moment voll und ganz ab. Dafür wurden beide mit Emmys als Beste Schauspieler/in in einer Serie (Short-Form) ausgezeichnet – den dritten Preis gab es in der Serienkategorie.
Rosamund Pike glänzte zuletzt als Hauptdarstellerin im Biopic “Marie Curie – Elemente des Lebens” (2020). Unter anderem für ihre Rollen in “James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag” (2002), “Stolz und Vorurteil” (2005) oder “Gone Girl – Das perfekte Opfer” (2014) wurde sie mit Auszeichnungen überhäuft oder war dafür nominiert. Chris O’Dowd ist hierzulade noch nicht so bekannt, obwohl erfolgreiche Filme und Serien wie “Gullivers Reisen – Da kommt was Großes auf uns zu” (2010), “Brautalarm” (2011), “Girls” (2012-2013) oder “Thor – The Dark Kingdom” (2013) in seiner Filmografie zu finden sind.
Zwei Eheleute sprechen über ihre Ehekrise. Das könnte in der Tat fad sein, ist es aber nicht. Die Schauspieler sind viel zu gut, die Dialoge gehaltvoll und präzise. Außerdem dürften die thematisierten Probleme vielen langjährigen Eheleuten nicht gänzlich unbekannt vorkommen. “Wenn wir es geschafft hätten, jede eheliche Krankheit zu vermeiden, wären wir jetzt nicht hier”, fasst Louise an einer Stelle zusammen.
Neben dem Inhalt überzeugt auch die Präsentation des Kammerspiels. Obwohl sich die beiden immer im selben Londoner Lokal treffen, dasselbe bestellen und dann dieselbe Straßenkreuzung zur Therapie überqueren, gleicht keine Einstellung der anderen. Vielmehr ist es verblüffend, aus wie vielen verschiedenen Perspektiven diese Szenen gedreht werden konnten.
Das alles schreit nach einer Fortsetzung und die ist vor zwei Tagen von SundanceTV auch bestätigt worden. Hinter der Kamera sind erneut Autor Nick Hornby und Regisseur Stephen Frears mit von der Partie. Das unglücklich Ehepaar in Staffel zwei spielen der Ire Brendan Gleeson (65, “Harry Potter”) und der vielfach ausgezeichnete US-Star Patricia Clarkson (61, “The Green Mile”). Ebenfalls eine Hauptrolle hat laut “Deadline” Newcomerin Esco Jouléy inne. Die Serie wird derzeit gedreht und soll noch dieses Jahr auf SundanceTV und dem Streamingdienst Sundance Now von AMC Networks ausgestrahlt werden.
In der zweiten Staffel schleppt die liberale Wahlkämpferin Ellen (Clarkson) ihren traditionellen Selfmade-Ehemann Scott (Gleeson) aus seiner Komfortzone in ein Hipster-Café in Connecticut (USA), wo sie vor ihrer Eheberatung zehn Minuten Zeit haben, um einen Kaffee zu trinken, ihre Gedanken zu sammeln und über alles Mögliche zu streiten – vom Quäkertum bis zu Pronomen. Dazwischen diskutieren sie auch über den Verrat aus ihrer Vergangenheit, wie sie sich als Menschen verändern und wie die Zukunft ihrer Beziehung in einer sich verändernden Welt aussehen könnte…