Viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind unter prekären Bedingungen an deutschen Hochschulen beschäftigt: Sie haben lediglich befristete Verträge ohne Gewissheit über eine spätere Festanstellung. Mit einer Gesetzesänderung will Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nun für mehr Planbarkeit und Verbindlichkeit bei Karrieren in der Wissenschaft sorgen. Am Dienstag stellte sie einen Referentenentwurf vor, der Änderungen an den bisherigen Befristungsregeln vorsieht. Kritik kam von den Gewerkschaften, aber auch vom Koalitionspartner SPD.
Für die entscheidende Karrierephase nach der Promotion soll für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler künftig ein neues "4+2-Modell" gelten: Stark-Watzinger will die Höchstbefristungsdauer in der Qualifizierungsphase nach der Promotion von sechs auf vier Jahre senken - dies ist nach Angaben ihres Ministeriums das Kernstück des reformierten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes.
Nach Ablauf der vier Jahre solle klar sein, ob die Betreffenden eine Perspektive auf eine dauerhafte Beschäftigung in der Wissenschaft haben, beispielsweise auf eine Professur, erklärte das Ministerium. Die Befristung soll nur dann um zwei Jahre verlängert werden können, wenn eine Anschlusszusage vorliegt für ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis.
Erstmals soll das Gesetz auch Mindestvertragslaufzeiten für alle Phasen der wissenschaftlichen Karriere vorschreiben: Drei Jahre Mindestvertragslaufzeit für den Erstvertrag in der Phase vor der Promotion und zwei Jahre nach der Promotion, sowie ein Jahr Mindestvertragslaufzeit für die studienbegleitende Beschäftigung.
Auf diese Weise sollen "verlässliche und auskömmliche Vertragslaufzeiten für die individuelle wissenschaftliche und künstlerische Qualifizierung gewährleistet werden", wie das Ministerium erklärte.
Die Ampel-Parteien hatten eine derartige Reform bereits in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, um Kurzzeitbefristungen einzudämmen und den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine sicherere Perspektive zu geben.
Von Gewerkschaftsseite kam aber scharfe Kritik an Stark-Watzingers Vorschlag: Auch das neue "4+2-Modell" halte die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiterhin über Jahre hinweg in Ungewissheit, lautet der Vorwurf.
"Die Verkürzung der Höchstbefristungsdauer von sechs auf vier Jahre greift zu kurz, um die Arbeitgeber zu einer Veränderung ihrer Befristungspolitik zu zwingen", erklärte der Vizevorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Andreas Keller. Er warf der FDP-Ministerin vor, mit dem Entwurf weitgehend den Interessen der "Wissenschaftsarbeitgeber" gefolgt zu sein.
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Harnack bezeichnete den Entwurf als "enttäuschend": "Er löst das im Koalitionsvertrag vereinbarte Versprechen für mehr Planbarkeit und Verbindlichkeit wissenschaftlicher Karrieren nicht ein."
Die SPD-Bildungsexpertin Carolin Wagner kündigte "Verbesserungen" von Stark-Watzingers Entwurf im parlamentarischen Verfahren an. "Der Entwurf ist nicht genug für den großen Wurf", kritisierte die Abgeordnete.
Unterstützung signalisierte hingegen die Hochschulrektorenkonferenz. Hinter Stark-Watzingers Entwurf "sollten sich alle Akteurinnen und Akteure vereinen können, die die unterschiedlichen Interessen in der Wissenschaft konstruktiv gegeneinander abwägen", erklärte HRK-Präsident Walter Rosenthal.
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