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SPD-Sieg bei Bundestagswahl bestätigt - Scholz will Regierung führen

Bundestag mit 735 Sitzen groß wie nie - SSW bekommt ein Mandat

Die SPD hat die Bundestagswahl knapp vor der Union gewonnen und will nun eine Ampel-Koalition bilden. SPD, Grüne und FDP seien gestärkt worden, "diese drei Parteien sollen auch die nächste Regierung führen", sagte Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Montag in Berlin. Die Union hofft weiter auf die Bildung einer Jamaika-Koalition, Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) will aber offenbar keinen direkten Regierungsanspruch für die Union reklamieren.

Die Sozialdemokraten erhielten laut dem vorläufigen Endergebnis bei der Bundestagswahl 25,7 Prozent der Stimmen. Die Union erreichte demnach 24,1 Prozent und damit ihr historisch schlechtestes Ergebnis. Die Grünen kamen mit 14,8 Prozent auf Platz drei, gefolgt von der FDP mit 11,5 Prozent und der AfD mit 10,3 Prozent.

Die Linke erhielt 4,9 Prozent der Stimmen - sie verfehlte damit die Fünf-Prozent-Hürde. Da sie aber drei Wahlkreise direkt gewann, greift die sogenannte Grundmandatsklausel. Das bedeutet, dass die Linke mit der vollen Zahl von 39 Abgeordneten in den Bundestag einzieht, die ihr laut dem Zweitstimmenergebnis zusteht.

Die SPD kommt demnach auf 209 Sitze, bei der CDU sind es 151 und bei der CSU 45 - die Union hat also insgesamt 196 Mandate. Die Grünen können 118 Abgeordnete ins neue Parlament schicken, die FDP 92 und die AfD 83. Bei dieser Sitzverteilung sind sowohl eine Ampel-Koalition als auch ein Jamaika-Bündnis möglich.

Die absolute Mehrheit der Abgeordneten liegt bei 368. Eine Ampel-Koalition käme auf 416 Mandate, ein Jamaika-Bündnis auf 406 Abgeordnete. Nicht reichen würde es hingegen für Rot-Grün-Rot - SPD, Grüne und Linke kommen zusammen nur auf 363 Abgeordnete. Rein rechnerisch möglich wäre auch eine Wiederauflage der großen Koalition, die aber weder Union noch SPD anstreben.

SPD-Kandidat Scholz zeigte sich angesichts des Wahlerfolgs überzeugt, dass es für die Sozialdemokraten den klaren Auftrag zur Regierungsbildung gebe. Mit Blick auf die Ambitionen der Union zur Regierungsbildung sagte er: "CDU und CSU haben nicht nur erheblich an Stimmen verloren, sie haben die Botschaft der Bürgerinnen und Bürger bekommen, sie sollen jetzt nicht mehr regieren, sie sollen jetzt in die Opposition gehen."

Unions-Kanzlerkandidat Laschet schwächte eigene Ansprüche der Union offenbar ab. "Aus dem Wahlergebnis kann niemand einen Regierungsanspruch ableiten, das habe ich am Sonntag auch nicht gesagt", sagte der CDU-Chef nach Angaben aus Teilnehmerkreisen in einer Parteivorstandssitzung. "Wir stehen bereit für andere Konstellationen", wenn es mit einer Ampel-Koalition nicht klappe.

Dafür müsse sich die Union vorbereiten und bereit halten, sagte Laschet demnach weiter. Die Partei müsse hierzu die "Bereitschaft" ausstrahlen. Der CDU-Vorsitzende sagte laut Teilnehmern auch, dass er am Sonntag ein langes Gespräch mit FDP-Chef Christian Lindner geführt habe und am Montag auch mit Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock gesprochen habe. Führende Politiker von FDP und Grünen hatten schon am Wahlabend angekündigt, zunächst auch in gemeinsamen Gespräche die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit auszuloten.

Einen Sitz im neuen Bundestag bekommt auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW). Für die Partei der nationalen Minderheiten der Dänen und Friesen gelten Fünf-Prozent-Klausel und Grundmandatsklausel nicht. Ihre in Schleswig-Holstein geholten Zweitstimmen reichen deswegen für einen Sitz aus.

Insgesamt werden dem Bundestag mehr Abgeordnete angehören als je zuvor. Laut Bundeswahlleiter gibt es 735 Abgeordnete - damit wird die bisherige Rekordzahl von 709 Parlamentariern in der abgelaufenen Legislaturperiode noch übertroffen.

by Odd ANDERSEN