Im linken Parteiflügel der SPD sorgt der Kurs der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung in der Asylpolitik für offenen Unmut. Der Ko-Vorsitzende der linken Partei-Gruppierung "Forum DL21, Sebastian Roloff, sagte dem "Tagesspiegel" (Mittwochsausgabe): "Maßnahmen, die vor allem staatliche Härte zeigen sollen, die Situation aber nicht konkret verbessern, helfen nicht weiter." Stattdessen müsse die Regierung sich "jetzt politisch auf die Entlastung von Kommunen und schnellere Verfahren konzentrieren".
Ähnlich äußerte sich der Migrationsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Hakan Demir, gegenüber dem "Tagesspiegel". Die Kommunen klagten vor allem, weil es keinen Wohnraum und zu wenige Kitaplätze gebe. "Ändert sich daran etwas, selbst wenn alle 50.000 nicht-geduldeten Ausreisepflichtigen sofort abgeschoben würden? Nein", sagte Demir. "Wir haben es hier mit langfristigen sozialen Herausforderungen zu tun."
Demir warnte vor einem zu einseitigen Fokus auf die Asylpolitik. "Das Thema Migration ist gerade überall sehr präsent", sagte er. "Aber wir haben viele große Herausforderungen, für die wir Lösungen brauchen: Inflation, soziale Ungleichheit, unzureichende Bildungschancen oder Wohnungsnot."
Die SPD-Bundestagsfraktion will das für die Partei heikle Thema auf der nächsten Sitzung in zwei Wochen diskutieren. Dazu ist nach "Tagesspiegel"-Informationen von der Fraktionsführung der Migrationsforscher Gerald Knaus geladen. Dieser hatte Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu verstärkten Abschiebungen verteidigt.
Das Bundeskabinett befasst sich am Mittwoch mit den Plänen von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) für mehr und schnellere Abschiebungen. Ihr Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rückführung sieht insbesondere verlängerte Haftmöglichkeiten für Abschiebepflichtige und mehr Rechte der Polizei bei Durchsuchungen vor.
Ziel ist auch eine beschleunigte Abschiebung von Schleusern. Ausländische Mitglieder krimineller Vereinigungen sollen zudem künftig auch unabhängig von einer Verurteilung ausgewiesen werden können. Die Bundesregierung reagiert mit dem Gesetz auf die deutlich gestiegenen Asylbewerberzahlen in Deutschland und knapp werdende Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete in vielen Kommunen.
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