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SPD-Chefin Esken stößt Debatte in Koalition über Schuldenbremse an

SPD-Chefin Saskia Esken hat in der Koalition eine Debatte um das erneute Aussetzen der Schuldenbremse angestoßen. Esken begründete ihren Vorstoß in der "Rheinischen Post" vom Montag mit der Vielzahl aktueller Krisen, die eine größere finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates erforderten. Grünen-Chefin Ricarda Lang griff Eskens Vorschlag auf: Die Koalition müsse eine Debatte darüber führen. Ein klares Nein kam von der FDP.

Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse war wegen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs von 2020 bis 2022 ausgesetzt worden. SPD-Chefin Esken argumentiert, die aktuellen Krisen rechtfertigten eine neuerliche Aussetzung. 

Durch diese Krisen ergäben sich "Herausforderungen, die wir nicht aus einem Normalhaushalt stemmen können, ohne dabei andere Aufgaben zu vernachlässigen", sagte Esken der "Rheinischen Post". "Ich bin davon überzeugt, dass wir erneut eine Ausnahme von der Schuldenbremsen-Regelung benötigen."

Die SPD-Chefin nannte explizit den Krieg in der Ukraine und den Nahostkonflikt. Krisenbewältigung auf Kosten der sozialen Infrastruktur, der Demokratieförderung oder der Integration sei mit der SPD nicht zu machen, betonte Esken. 

Die Schuldenbremse sei "in ihrer aktuellen Ausgestaltung" nicht dazu geeignet, "den Nachholbedarf bei den Investitionen in eine moderne Infrastruktur zu bewältigen", argumentierte die Sozialdemokratin. "Viel zu lange haben wir von der Substanz gelebt."

Grünen-Chefin Lang argumentierte ähnlich. "Am Ende bringt es uns wenig, wenn wir zwar in ein paar Jahren eine schwarze Null haben, aber gleichzeitig die Schulen in diesem Land marode sind und unsere Wirtschaft in andere Länder abgewandert ist", sagte sie. Deutschland müsse mehr investieren, um seine Wettbewerbsfähigkeit zu bewahren.

"Da müssen wir jetzt in der Regierung darüber reden, wie wir mit der Schuldenbremse umgehen und wie wir es auch hinbekommen, dass wir finanzielle Spielräume haben, so dass wir unseren Aufgaben als Bundesregierung gerecht werden", sagte Lang.

Neben den außenpolitischen Gründen sah Lang auch in der Innenpolitik Gründe für ein Aussetzen der Schuldenbremse - etwa für eine bessere Ausstattung der Sicherheitsbehörden und für eine stärkere Bundes-Unterstützung der Kommunen bei den Flüchtlingskosten.

Der dritte Koalitionspartner FDP stellte sich allerdings umgehend quer. "Eine solide Finanzpolitik ist die Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). "Die wichtigen Konsolidierungsanstrengungen dürfen nicht durch ständig wiederkehrende Debatten zur Aufweichung oder zum Aussetzen der Schuldenbremse konterkariert werden."

Zu den Äußerungen der Koalitionspartner sagte der Liberale: "Die aktuellen, erneuten Forderungen, die Schuldenbremse auszusetzen, sind nicht zielführend, kontraproduktiv und erinnern an den Filmklassiker: Täglich grüßt das Murmeltier."

Die Einhaltung der Schuldenbremse zählt zum finanzpolitischen Kernbestand der FDP-Programmatik. In den Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen hatten die Liberalen ein Bekenntnis zur Schuldenbremse durchgesetzt. Im Koalitionsvertrag von Dezember 2021 heißt es: "Ab 2023 werden wir dann die Verschuldung auf den verfassungsrechtlich von der Schuldenbremse vorgegebenen Spielraum beschränken und die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten."

pw/mt