Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) haben Hoffnungen auf erste Corona-Impfungen in Deutschland noch in diesem Jahr befeuert. Spahn verwies in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Montag auf die noch in diesem Jahr erwartete Zulassung für einen Impfstoff in Europa. "Und dann können wir mit den Impfungen sofort loslegen." Scholz sagte der "Bild", es seien "die Vorbereitungen dafür getroffen, dass es noch im Dezember losgehen könnte".
Spahn verwies auf den Aufbau der Impfzentren in den Bundesländern, die ab Mitte Dezember einsatzbereit sein sollen. Dies scheine zu klappen. Er habe lieber ein startbereites Impfzentrum, das noch ein paar Tage außer Betrieb sei, als einen zugelassenen Impfstoff, der nicht gleich genutzt werde, sagte Spahn. Scholz sagte im "Bild"-Talk "Die richtigen Fragen", es werde "so schnell gehen, wie es überhaupt geht".
Das Bundesgesundheitsministerium verwies darauf, dass nach den bereits geschlossenen Verträgen Deutschland 300 Millionen Impfdosen zur Verfügung hat. Dies bezieht sich auf Verträge mit sechs Unternehmen. Wie die Impfstoffe in welcher Reihenfolge eingesetzt werden sollen, hängt auch davon ab, welche zuerst zugelassen werden und für welche Altersgruppe sie geeignet sind.
Beim Besuch des ebenfalls an einem Impfstoff arbeitenden Unternehmen IDT Biologika in Dessau in Sachsen-Anhalt sagte Spahn, er rechne nach Zulassung eines ersten Corona-Impfstoffs in Europa mit einer steigenden Impfbereitschaft in Deutschland. "Ich bin überzeugt, wenn wir gemeinsam diesen harten schwierigen Corona-Winter hinter uns gebracht haben, wird auch die Bereitschaft steigen, sich impfen zu lassen."
IDT Biologika in Sachsen-Anhalt ist eines der Unternehmen, die in Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten und Universitäten an einem Corona-Impfstoff arbeiten. Anders als etwa Biontech arbeitet IDT an einem sogenannten Vektorimpfstoff, der auf einem vor mehreren Jahrzehnten entwickelten Impfstoff gegen Pocken basiert.
Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte zum erwarteten Tempo der Impfungen, dieses werde der Impfstoff bestimmen. Ein Vorteil liege darin, dass sich Pflege- und Altenheime selbst um die Impfungen der Bewohner kümmern könnten. In Nordrhein-Westfalen habe es die vergangenen Monaten über 20 Millionen Grippeimpfungen gegeben - "das hat das System auch ganz gut hingekriegt".
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) erklärte, sein Bundesland bereite sich mit Hochdruck auf die Impfung von vier Millionen Menschen vor. Sobald die Impfstoffe geliefert seien, würden die Menschen in Hessen eingeladen, sich möglichst wohnortnah impfen zu lassen. Zunächst sollten Menschen gefährdet werden, die aufgrund ihres Alters oder vorbelasteten Gesundheitszustands besonders durch das Coronavirus sind, außerdem Beschäftigte im Gesundheitswesen.
Spahn zeigte sich im Redaktionsnetzwerk Deutschland optimistisch, dass es nicht bis Ende 2021 dauern werde, bis alle Bevölkerungsgruppen durchgeimpft seien. So werde für viele der voraussichtlichen Impfstoffe keine tiefe Kühlung benötigt. Sie könnten in normalen Arztpraxen ausgegeben werden.
Er kündigte den Aufbau einer Onlineplattform an, die Auskunft gibt über die erreichten Impfquoten, differenziert nach Alter und Regionen. "Insbesondere dann, wenn wir bei den besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen eine hohe Impfquote erreicht haben, werden wir die Beschränkungen schrittweise lockern können", kündigte er an.
by Kay Nietfeld