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Spahn stimmt beim Impfen weiter auf “harte Wochen” ein

Länder dringen auf Erhöhung der Impfstoff-Produktion

Angesichts der anhaltenden Knappheit bei den Impfstoffen gegen das Coronavirus hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Bevölkerung weiter auf “harte Wochen” eingestimmt. Gleichwohl sei die Impfkampagne aber “auf einem guten Weg”, betonte Spahn am Freitag in Berlin. Er bekräftigte das Ziel, dass bis Mitte Februar alle Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen ein Impfangebot erhalten sollten, bis Ende März auch alle über 80-Jährigen.

Für den Impfstoff von Astrazeneca empfahl die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) am Nachmittag die Zulassung in der EU für alle Erwachsenen. Im Vorfeld hatte es Diskussionen gegeben, ob möglicherweise ältere Menschen von der Empfehlung ausgenommen würde, weil für diese Gruppe zu wenig Daten vorlägen. Wie genau die Empfehlung für Deutschland ausfällt, ist Sache der Ständigen Impfkommission (Stiko). Diese dürfte ihre Entscheidung laut Spahn “zeitnah” treffen, also “in den nächsten Tagen”.

Zur Verfügbarkeit der Impfstoffe sagte Spahn, die Regierung rechne damit, dass bis Ende des ersten Quartals insgesamt zwölf Millionen Dosen der Produkte von Biontech und Moderna geliefert würden. Zusätzlich könnte Deutschland im nächsten Monat mit etwa drei Millionen Impfdosen von Astrazeneca rechnen, sagte der Minister. Positiv wertete er die Zusage des Unternehmens, der EU jetzt doch mehr Impfdosen liefern zu wollen als zwischenzeitlich angekündigt.

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) sagte dem Portal “t-online.de”, er rechne neben den Impfdosen von Biontech und Moderna bis Ende März im Falle der Zulassung mit bis zu 5,6 Millionen Impfdosen von weiteren Herstellern. Daraus würde sich bis dahin dem Bericht zufolge eine Summe von knapp 17 Millionen Impfdosen ergeben.

Die Bundesregierung dämpfte die Erwartungen an den für Montag geplanten Impfgipfel von Bund und Ländern. Es sei kein Gespräch, an dessen Ende “konkrete Beschlüsse” zu erwarten seien, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. In die Beratungen sollen auch die Impfstoffhersteller eingebunden werden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) forderte im ZDF eine Offenlegung sämtlicher Verträge zwischen der EU und Herstellern von Corona-Impfstoff. Die aktuellen Lieferverzögerungen kritisierte er als “mehr als unbefriedigend” und gab daran der EU eine Mitschuld. In der “Welt” plädierte Söder sogar für eine staatliche “Not-Impfstoffwirtschaft”, um die Produktionsmengen zu steigern. Auch eine Zulassung russischer und chinesischer Impfstoffe solle geprüft werden.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) forderte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe einen “nationalen Impfplan”, um allen Impfwilligen bis Ende September eine Impfung zu ermöglichen. Der Linken-Gesundheitsexperte Achim Kessler rief Spahn auf, Hersteller zur Freigabe ihrer Lizenzen zu zwingen, damit weitere Firmen die Impfstoffe herstellen könnten.

Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, wies erneut darauf hin, dass die Wirksamkeit des Astrazeneca-Impfstoffs etwas geringer sein dürfte als bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna. Gleichwohl habe auch das neue Produkt eine “sehr gute Wirksamkeit”.

Bislang seien nur wenige gravierendere Nebenwirkungen bei den Corona-Impfungen aufgetreten, sagte Cichutek weiter. Dazu gehöre in seltenen Fällen eine vorübergehende Gesichtslähmung. 69 Menschen seien nach einer Impfung verstorben, Hinweise dass diese Todesfälle “mit den Impfungen in Zusammenhang stehen”, gebe es aber nicht.

by John MACDOUGALL

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