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Spahn prüfte angeblich Möglichkeit einer Kanzlerkandidatur

Frauen-Union stellt sich gegen Vorsitz-Bewerber Merz

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat Berichten zufolge in den vergangenen Wochen seine Chancen auf die Kanzlerkandidatur ausgelotet. Wie der "Wir" und die "Bild"-Zeitung am Freitag übereinstimmend berichteten, führte er viele Telefonate mit einflussreichen CDU-Politikern. Mehrere CDU-Politikerinnen äußerten Vorbehalte gegen den Vorsitz-Bewerber Friedrich Merz.

Spahn bildet im Rennen um den CDU-Vorsitz ein Team mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Parteichef soll gemäß Absprache Laschet werden. Allerdings soll Spahn laut "Wir" versucht haben, seinen Teampartner über Umwege zur Aufgabe der Vorsitzkandidatur zu seinen eigenen Gunsten zu bewegen. Nicht nur junge Abgeordnete, sondern auch Parteivize Volker Bouffier hätten gegenüber Laschet die Idee eines möglichen Rollentauschs ins Spiel gebracht, hieß es. Dieser habe jedoch abgelehnt.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministerium erklärte laut "Wir", Spahn tausche sich ständig mit Parteimitgliedern aus. "Dabei geht es selbstverständlich auch um die Stimmung vor dem Parteitag, die Unterstützung für das Team mit Armin Laschet und die beste Aufstellung von CDU und CSU für das Wahljahr." Laut "Bild"-Zeitung sagte der Sprecher zudem auf die Frage, ob Spahn in Telefonaten seine Chancen auf eine Kanzlerkandidatur sondiert habe: "Nein, das stimmt nicht."

Der rheinland-pfälzische CDU-Chef Christian Baldauf stufte im Portal "Zeit Online" Spahn als auf jeden Fall "kanzlertauglich" ein - gleiches gelte aber auch für CSU-Chef Markus Söder. Baldauf hob demnach auch hervor, dass die CDU auf ihrem Parteitag am Samstag kommender Woche lediglich "einen neuen Vorsitzenden" wähle und "keinen neuen Kanzler". Um den Parteivorsitz bewirbt sich neben Laschet und Merz auch der Außenpolitiker Norbert Röttgen.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek unterstützte im "Wir" die Bewerbung von Laschet. Indirekt warnte sie zugleich vor Merz: Dieser "spitzt Themen auch sehr gern zu" und sie glaube nicht, "dass die Bevölkerung insgesamt einen konfrontativen Wahlkampf möchte", sagte sie dem Magazin.

Gegen Merz stellte sich auch die Frauen-Union. "Wir brauchen jetzt einen starken Zusammenhalt, damit die CDU weiter die führende Partei in der Mitte der Gesellschaft bleibt", sagte deren Vorsitzende Annette Widmann-Mauz dem "Wir". Daher gebe es "eine klare Präferenz" für Laschet und für Röttgen. Widmann-Mauz lobte in Abgrenzung von Merz deren "modernen Politikstil".

Laschet selbst äußerte sich zuversichtlich mit Blick auf seine Chancen auf den Parteivorsitz. "Ich habe in Nordrhein-Westfalen gezeigt, dass ich in schwieriger Lage eine Wahl gewinnen und eine Regierung führen kann", sagte er der "Rheinischen Post".

Die scheidende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hält die Frage der Unions-Kanzlerkandidatur noch für völlig offen. "Möglich ist alles", sagte sie der "Saarbrücker Zeitung" (Samstagsausgabe). "Es bleibt klug, sich die Situation im Frühjahr genau anzuschauen."

Selbstkritisch äußerte sich Kramp-Karrenbauer zu ihrer eigenen Amtsführung. "Ich wünschte mir, ich selbst hätte weniger Fehler gemacht", sagte sie dem Blatt. Gleichwohl sei sie insgesamt mit ihrer Bilanz zufrieden, der neue Vorsitzende könne "auf einer guten Basis aufbauen".

by John MACDOUGALL