117184:

Spahn nennt Infektionszahlen "ermutigend" - RKI: Leicht positiver Trend

Warnungen vor zu frühen Lockerungen

Vorsichtiger Optimismus, aber keine Entwarnung: Das Robert-Koch-Institut (RKI) sieht einen "leicht positiven Trend" bei den Corona-Zahlen. Dies seien Erfolge des Lockdowns, es dürfe aber nicht nachgelassen werden, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Freitag in Berlin. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nannte die Zahlen "ermutigend", aber immer noch zu hoch. Binnen eines Tages verzeichnete das RKI 17.862 Neuinfektionen. Die Zahl der Todesfälle seit Beginn der Pandemie überschritt die Marke von 50.000.

Wieler sagte, derzeit würden die Zahlen der Neuinfektionen in den meisten Bundesländern sinken. Er betonte gleichwohl die Notwendigkeit, die Corona-Maßnahmen weiterhin strikt einzuhalten: "Wir können nur zu einem halbwegs normalen Alltag zurückkehren, wenn wir die Fallzahlen massiv senken und auf Dauer niedrig halten." Der RKI-Präsident lobte zugleich, die Menschen hätten sich zum großen Teil "ausgezeichnet verhalten". Sie seien etwa über Weihnachten und Neujahr nicht so viel gereist.

Das RKI teilte am Freitagmorgen unter Berufung auf die Gesundheitsämter mit, dass inzwischen 50.642 Todesfälle im Zusammenhang mit Coronavirus-Infektionen in Deutschland registriert wurden. Zuletzt wurden innerhalb von 24 Stunden 859 Verstorbene erfasst. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen einer Woche betrug demnach 115,3. Diese Sieben-Tage-Inzidenz sank zuletzt deutlich, liegt aber immer noch weit über der von der Bundesregierung gesetzten Zielmarke von unter 50.

Spahn sagte, die Infektionszahlen "gehen in die richtige Richtung". Es sei eine erste Entlastung auf den Intensivstationen erkennbar, aber die Belastung dort sei weiterhin ziemlich hoch.

Nach Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) führten die Feiertage nicht zu einer Verschärfung bei den schweren Infektionsfällen. Es sei auf den Intensivstationen kein "Weihnachts- und Silvesterpeak" zu erkennen, sagte Divi-Präsident Gernot Marx. Dies sei dem Verhalten der Bevölkerung zu verdanken.

Trotz erster positiver Wirkungen des Lockdowns sei die Situation auf den Intensivstationen aber "weit weg von einer Entspannung". Frühestens im April erwartet Marx bei Fortsetzung der derzeit positiven Entwicklung ein Absinken auf unter 1000 Intensivpatienten - aktuell seien es rund 4800 Fälle, von denen 2700 invasiv beatmet werden müssen.

Spahn sagte, es gehe jetzt darum, den Widerspruch gut zu erklären, dass die Zahlen in die richtige Richtung gingen und gleichzeitig die Beschränkungen verschärft wurden, um die Infektionen noch "ein ganzes Stück weiter runterzubringen". Er verwies darauf, dass in anderen Ländern, wo zu früh gelockert wurde, "es ganz schnell wieder entflammt".

Vor allem gehe es nun darum, die Verbreitung der Virusmutanten so weit es geht zu minimieren. Dafür seien die Maßnahmen angepasst worden, etwa die Pflicht zum Tragen medizinischer Masken im öffentlichen Nahverkehr.

Zum Stand der Impfungen sagte Spahn, in Deutschland seien bereits über 1,5 Millionen Impfungen verabreicht worden, davon hätten über 100.000 Menschen schon die zweite Impfung erhalten. 60 Prozent der Pflegeheimbewohner seien geimpft, ebenso ein großer Teil der Pflegekräfte.

Der Virologe Christian Drosten sagte mit Blick auf mögliche Lockerungen: "Man sollte nicht naiv in so eine Situation reingehen." Er warnte vor der Annahme, dass die Zahlen im Sommer automatisch zurückgehen. Drosten verwies darauf, dass vergangenes Jahr ganz früh die Corona-Maßnahmen beschlossen wurden, "so dass sich das Virus die ganze Zeit ruhig verhalten hat im Sommer". In anderen, warmen Ländern, etwa in Spanien, sei das aber nicht geschehen.

by Christof STACHE