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Sorge vor erneutem Putsch in Mali nach Festnahme von Präsident und Regierungschef

Internationale Gemeinschaft verurteilt Vorfall scharf - EU prüft Sanktionen

Die Festnahme des Präsidenten und des Regierungschefs im westafrikanischen Mali haben international Befürchtungen vor einem zweiten Putschversuch binnen eines Jahres geweckt. Aus Verärgerung über eine Regierungsumbildung nahmen Militäroffiziere den Präsidenten der Übergangsregierung und den Regierungschef in Gewahrsam und brachten sie in ein Militärlager am Rande der Hauptstadt Bamako, wie zwei hochrangige Beamte der Nachrichtenagentur AFP sagten. Die EU erklärte in der Nacht zum Dienstag, sie prüfe Sanktionen gegen mehrere Führungspersönlichkeiten.

Präsident Bah Ndaw und Regierungschef Moctar Ouane führen die Übergangsregierung, die wegen der Androhung regionaler Sanktionen nach dem Putsch im vergangenen Jahr gebildet worden war. Regierungschef Ouane, der von einem AFP-Reporter kurz am Telefon erreicht werden konnte, bevor die Leitung unterbrochen wurde, deutete dabei am Montag an, dass Soldaten gekommen seien, "um ihn zu holen".

Der jüngste Vorfall löste Besorgnis vor einem erneuten Putschversuch aus. Im August vergangenen Jahres hatten Militäroffiziere den gewählten Präsidenten des westafrikanischen Landes, Ibrahim Boubacar Keita, nach anhaltenden Protesten durch einen Putsch entmachtet. Am Dienstag war die Lage in der Hauptstadt Bamako zunächst relativ ruhig.

Die jüngsten Entwicklungen in Mali wurden von der internationalen Gemeinschaft scharf verurteilt: Die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union (AU), die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, die EU, die USA und Großbritannien verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung die Festnahme der Politiker und forderten ihre "sofortige und bedingungslose Freilassung".

Auch die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union verurteilten die "Entführung" der Politiker, wie EU-Ratspräsident Charles Michel am Dienstag in Brüssel sagte. "Was passiert ist, war schwerwiegend und ernst." Laut Gipfelerklärung erwägt die EU nun "gezielte" Sanktionen gegen Führungspersönlichkeiten aus Politik und Militär, "die den malischen Übergang behindern". UN-Generalsekretär António Guterres rief auf Twitter zu Ruhe auf und forderte die "bedingungslose Freilassung" der Politiker.

Mit der Regierungsumbildung am Montag sollte auf die wachsende Kritik an der Übergangsregierung reagiert werden. Das Militär behielt dabei die Ämter, die es bereits in der Vorgänger-Regierung innehatte. Der ehemalige Verteidigungsminister Sadio Camara und Ex-Sicherheitsminister Colonel Modibo Kone - die im vergangenen Jahr den Putsch mit anführten - wurden jedoch ersetzt.

Die nach dem Putsch installierte Militärjunta hatte sich Anfang des Jahres aufgelöst. Damit wurde eine Forderung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas erfüllt. Dennoch übt das Militär weiter großen Einfluss aus. Die Zweifel an der Umsetzung zugesagter Reformen und der Abhaltung von Wahlen Anfang kommenden Jahres wuchsen.

Die politische Situation in Mali ist seit 2012 von starker Instabilität geprägt. Die meist dschihadistisch motivierte Gewalt hat in den vergangenen Jahren auch die benachbarten Länder in der Sahel-Zone erreicht. Neben anderen Ländern ist auch Deutschland mit der Bundeswehr im Rahmen von Missionen der EU und der UNO in Mali im Einsatz, um zur Stabilisierung des Landes beizutragen.

by Von Serge Daniel und Kassim Traore