Im Wirecard-Skandal ist der Finanzausschuss des Bundestags in Berlin zu einer Sondersitzung zusammengekommen. Bei der kurzfristig anberaumten Sitzung am Mittwochnachmittag wurde zunächst Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zum mutmaßlichen Milliardenbetrug des mittlerweile insolventen Münchner Finanzdienstleisters befragt. Anschließend soll Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) den Abgeordneten zu Wirecard Rede und Antwort stehen.
Die Opposition wirft der Bundesregierung schwere Versäumnisse vor. Besonders Scholz steht unter Druck. Er war bereits im Februar 2019 über Ermittlungen der Finanzaufsichtsbehörde Bafin gegen Wirecard informiert worden. Altmaier wiederum muss in der Ausschusssitzung mit bohrenden Fragen zum Versagen der Prüfgesellschaften bei Wirecard rechnen.
Vor der Sondersitzung drängte die Opposition massiv auf Aufklärung zur Rolle der Bundesregierung in dem Skandal. Linkspartei und AfD sprachen sich bereits für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss aus. Die FDP sieht die Sitzung als letzte Chance zur Aufklärung. Die Grünen dagegen rechnen zunächst damit, dass weitere Sitzungen des Finanzausschusses nötig werden.
Wirecard hatte Ende Juni Insolvenz angemeldet. Zuvor hatte das Unternehmen einräumen müssen, dass in der Bilanz aufgeführte Gelder von 1,9 Milliarden Euro, die vermeintlich auf asiatischen Bankkonten lagern sollten, nicht auffindbar seien. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt in dem Fall. Sie geht von gewerbsmäßigem Bandenbetrug aus.
Zuletzt war der Skandal auch deutlich näher an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) herangerückt. Das Kanzleramt hatte sich bei einer China-Reise Merkels im September 2019 für Wirecard eingesetzt. Doch zuvor hatte das Bundesfinanzministerium auf Anfrage des Kanzleramts darüber informiert, dass das Unternehmen schon in den Fokus diverser Aufsichtsbehörden gerückt war. Trotz des Drängens der Opposition ist bei der Sitzung am Mittwoch kein Vertreter des Kanzleramts dabei.
by Markus Schreiber