20022:

Sondereffekte durch staatliche Hilfen treiben Inflation im Juni wieder nach oben

Die Inflation hat sich im Juni wieder verstärkt - vor allem durch statistische Sondereffekte wegen der staatlichen Hilfen vor einem Jahr. Das Statistische Bundesamt bezifferte die Teuerung am Dienstag auf 6,4 Prozent im Jahresvergleich und bestätigte damit erste Schätzungen von Ende Juni. Demnach waren Nahrungsmittel mit einem Anstieg von 13,7 Prozent weiterhin der stärkste Preistreiber. Verglichen mit Mai stiegen die Preise um 0,3 Prozent.

Die Inflation verstärkte sich im Juni wieder, nachdem sie zuvor drei Monate in Folge zurückgegangen war. Dafür verantwortlich ist vor allem der Basiseffekt durch das Neun-Euro-Ticket und den Tankrabatt, denn diese beiden Maßnahmen waren im Juni vergangenen Jahres eingeführt worden und senkten drei Monate lang das Preisniveau. Gemessen daran stieg die Inflation in diesem Bereich nun deutlich an - dieser Effekt dürfte aber im September vorbei sein.

Der Anstieg der Energiepreise lag mit 3,0 Prozent weiterhin unterhalb der Gesamtinflation. Das wiederum liegt am im Vergleich hohen Preisniveau im Juni 2022, als die Energiepreise wegen des Ukraine-Kriegs in die Höhe geschnellt waren. Auch die rückläufigen Preise auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen sowie die Preisbremsen bei Strom, Gas und Fernwärme trugen hier zur Entspannung bei.

Besonders stark verteuerten sich aber feste Brennstoffe mit plus 26,6 Prozent und Erdgas mit plus 20,8 Prozent. Strom wurde um 10,5 Prozent teurer und Fernwärme um 9,3 Prozent. Leichtes Heizöl verbilligte sich hingegen um 36,5 Prozent deutlich, auch Kraftstoff wurde trotz des Tankrabatts im Vorjahr um 10,4 Prozent günstiger, vor allem Diesel.

Bei den Nahrungsmitteln ging der Preisauftrieb zwar etwas zurück, sie lagen aber mit plus 13,7 Prozent weiterhin deutlich über der Gesamtinflation und trieben damit die Teuerung an. Deutlich teurer als vor einem Jahr waren vor allem Molkereiprodukte (plus 22,3 Prozent) und Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren (plus 19,4 Prozent). Auch Gemüse, Fisch und Brot waren jeweils über 18 Prozent teurer. Speisefette und Speiseöle hingegen verbilligten sich um 12,1 Prozent. Alkohol und Tabakwaren lagen mit plus 8,8 Prozent ebenfalls über der Gesamtinflation.

Dienstleistungen verteuerten sich um 5,3 Prozent, darunter Nettokaltmieten um 2,0 Prozent und Bahntickets für den Nahverkehr - trotz der Einführung des Deutschlandtickets - um deutliche 65,2 Prozent. Kombinierte Tickets für Bahn, Bus und Ähnliches wurden um 112,8 Prozent teurer.

Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, geht davon aus, dass der Anstieg der Inflation "ausschließlich auf Sonderfaktoren zurückgeht". Würde der Effekt durch Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket herausgerechnet, läge die Inflation nur bei knapp über fünf Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) "sollte sich von dem vorübergehenden Anstieg der deutschen Inflation nicht beeindrucken lassen", fuhr Dullien fort. Sie sollte daher "am besten nun eine Zinserhöhungspause einlegen und erst einmal beobachten, wie die massiven Zinserhöhungen der vergangenen Monate wirken".

hcy/pe