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Söder fordert von Aiwanger Aufklärung nach Bericht über rechtsextremes Flugblatt

Nach einem Bericht über ein antisemitisches Flugblatt, das Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) als Schüler verfasst haben soll, hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) von seinem Stellvertreter Aufklärung gefordert. Es stünden "schlimme Vorwürfe im Raum", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" am Samstag, diese müssten aufgeklärt und vollständig ausgeräumt werden. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) schrieb auf X, ehemals Twitter: "Wer die Opfer von Auschwitz verhöhnt, darf in unserem Land keine Verantwortung tragen."

Zuvor hatte die "SZ" in ihrer Samstagausgabe über den Fall berichtet. Demnach steht Aiwanger im Verdacht, als Schüler ein antisemitisches Flugblatt verfasst und an seiner Schule ausgelegt zu haben. Die Zeitung sprach nach eigenen Angaben mit einer Reihe von Augenzeugen, die von dem Vorfall aus dem Schuljahr 1987/88 am Burkhart-Gymnasium in Mallersdorf-Pfaffenberg berichteten, und zitierte auch aus dem Schriftstück mit dem rechtsextremistischen Inhalt.

Laut "SZ" war das Flugblatt offenbar die Reaktion auf einen Schülerwettbewerb zur deutschen Geschichte. Das Pamphlet ruft zur Teilnahme an einem angeblichen Bundeswettbewerb auf: "Wer ist der größte Vaterlandsverräter?" Bewerber sollten sich "im Konzentrationslager Dachau zu einem Vorstellungsgespräch" melden, hieß es darin. Als erster Preis wurde "Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz" ausgelobt. Weiter zu gewinnen sei "Ein lebenslänglicher Aufenthalt im Massengrab".

Nach Informationen der Zeitung war Aiwanger damals in der elften Klasse des Gymnasiums, zwei Jahre später legte er dort sein Abitur ab. Augenzeugen, die anonym bleiben wollten, berichteten der Zeitung, der heutige Stellvertreter von Söder sei damals als Urheber des Pamphlets zur Verantwortung gezogen worden. Demnach traf sich deswegen der Disziplinarausschuss der Schule. Aiwanger habe seine Urheberschaft nicht bestritten und sei "bestraft worden".

Aiwanger ließ der "SZ" über einen Sprecher mitteilen, er habe "so etwas nicht produziert". Er werde "gegen diese Schmutzkampagne im Falle einer Veröffentlichung juristische Schritte inklusive Schadenersatzforderungen" ergreifen.

Söder sagte der "SZ" am Samstag als Reaktion auf den Bericht, das Flugblatt sei "menschenverachtend, geradezu eklig". Er forderte Aufklärung. Ebenso äußerte sich Bundesinnenministerin Faeser. Die "schwerwiegenden Vorwürfe" müssten dringend aufgeklärt werden, schrieb sie im Kurzbotschaftendienst X.

Die bayerische Opposition reagierte ebenfalls erbost. Die SPD-Fraktion kündigte an, eine Sondersitzung des Bayerischen Landtags zu beantragen und forderte die Entlassung Aiwangers. Ähnlich äußerten sich die Jusos Bayern und die Jugendorganisation der Grünen im Freistaat.

Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte, sollten die Vorwürfe zutreffen, sei Aiwanger als stellvertretender Ministerpräsident von Bayern "untragbar". "Derartige menschenverachtende Äußerungen über Opfer des Holocaust dürfen von niemandem - auch nicht Jugendlichen - geäußert werden", sagte er der "Bild am Sonntag". Dies müsse Konsens aller demokratischen Parteien sein.

Der jüdische Verein WerteInitiative forderte Aiwanger auf, sich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen, statt zu "mauern". Der Umgang mit der Tat nach so langer Zeit sei "beinahe wichtiger als die Tat selbst". Es sei derzeit aber "nicht erkennbar, dass der wiederholt am rechtspopulistischen Rand agierende Aiwanger die Vorwürfe ernst nimmt". Sollte er tatsächlich eine relevante Rolle bei der Erstellung des Flugblatts gespielt haben, "wäre er untragbar".

hcy/ju