Kapitalanlagen und Klimawandel
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass die Deutschen tendenziell immer später Eltern werden. Die Gründe sind vielfältig: Längere Ausbildungszeiten, unsichere Einkommen, der Druck, in der Leistungsgesellschaft möglichst weit zu kommen. Paare, die sich mit Mitte Zwanzig dazu entscheiden, Kinder zu bekommen, sind da fast schon Ausnahmefälle – die “Welt” bezeichnete sie gar als die “neuen Punks”. Aber wie ticken diese “Exoten” eigentlich? Was ist ihnen wichtig und worüber sorgen sie sich und wie sorgen sie vor?
Die größte Angst macht jungen Eltern nach wie vor eine mögliche Krankheit ihres Nachwuchses. Daran hat sich der Studie “Junge Familien 2019” einer Krankenkasse zufolge auch 2019 nichts geändert. Laut dem Portal “Gesundheitsstadt Berlin” wurden 1.000 volljährige Mütter und Väter befragt, die ein Kind unter zehn Jahren großziehen.
Auf Rang zwei der größten Sorgen hat sich allerdings durchaus etwas getan. Noch 2017 nannten die Studienteilnehmer Krieg und Terrorismus als zweithäufigste Angst, heute haben der Klimawandel und seine Auswirkungen sie überholt. Insgesamt 38 Prozent nannten die Erderwärmung als größte Zukunftssorge, 2017 waren es noch 28 Prozent.
Einer Umfrage des Finanzdienstleisters Swiss Life Select zufolge planen lediglich rund 20 Prozent der Deutschen keine Kinder. Die Gründe liegen dafür in der Angst vor Klimawandel, Umweltzerstörung und Kriegen (13 Prozent) oder darin, bislang nicht den richtigen Partner gefunden zu haben (16 Prozent) oder keine Kinder bekommen zu können (14 Prozent). Für 41 Prozent der rund 2.000 Befragten gehören Kinder jedoch zu einem erfüllten Leben dazu.
Ein weiterer Bereich, der vielen Eltern heutzutage Sorgen bereitet, ist das Internet. Eine repräsentative Studie der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) stellte fest, dass 73 Prozent der deutschen Eltern das Surf-Verhalten ihres Nachwuchses kritisch sehen. Laut der “Frankfurter Rundschau” wird bei kleineren Kindern am meisten der Kontakt mit unangemessenem Bild- und Videomaterial gefürchtet, Cyber-Mobbing und andere negative Interaktionen werden eher bei Jugendlichen als Problem wahrgenommen.
Worin sich die jungen Eltern im Jahr 2019 nicht von ihren Vorgängern unterscheiden: Sie wollen für ihren Nachwuchs vorsorgen. Eine Entwicklung lässt sich allerdings feststellen. Laut der Umfrage von Swiss Life Select entscheidet sich mit 39 Prozent die Mehrheit der Eltern heute für Anlagen in Kapitalform, beispielsweise Aktien, Fonds und Immobilien. Nur 30 Prozent greifen noch zum klassischen Sparbuch. “Eltern wollen für ihre Kinder vorsorgen. Es ist schön, dass die Menschen die Chancen des Kapitalmarkts entdecken. Den Kindern einen guten Start in ein Leben in Selbstbestimmung zu ermöglichen, ist eine gesellschaftliche Aufgabe”, sagt Stefan Kuehl, Geschäftsführer von Swiss Life Select.
Dass insbesondere gut ausgebildete Eltern nach langer Ausbildung und teilweise nervenaufreibender Jobsuche zumeist wieder in ihren Beruf zurückkehren wollen, mag sich von selbst erklären. Die Frage ist allerdings, wann und wie. Die Annahme, Eltern wollten heutzutage so schnell wie möglich an den Arbeitsplatz zurückkehren, entlarvt eine von der Zeitschrift “Eltern” im Jahr 2017 in Auftrag gegebene Studie als nicht ganz richtig. Zwar glauben 84 Prozent der befragten Mütter, es werde von ihnen erwartet, möglichst schnell wieder zu arbeiten – allerdings wollen die meisten von ihnen damit warten, bis das Kind eineinhalb bis drei Jahre alt ist. Oft bestimmt aber auch die finanzielle Notwendigkeit den Zeitpunkt.
In Sachen Gleichberechtigung ist eher eine Rückwärtsbewegung zu erkennen: Vor sechs Jahren wünschten sich noch 38 Prozent der Studienteilnehmer einen Wiedereinstieg, bei der Mann und Frau jeweils 30 Stunden pro Woche arbeiten und sich Haushalt und Kinderbetreuung teilen. 2017 ging dieser Anteil auf 23 Prozent zurück. Die jungen Eltern bevorzugen also eher die traditionelle Aufgabenverteilung, in der der Mann Vollzeit und die Mutter Teilzeit arbeitet. Die “Junge Eltern sind Punks”-These scheint sich also doch nicht in jedem Punkt zu bewahrheiten.
(wag/spot)