Schweden geht in der Corona-Pandemie seinen eigenen Weg. Im Gegensatz zum Großteil seiner europäischen Nachbarn hat es bislang keinen echten Lockdown gegeben, Restaurants und Bars etwa blieben geöffnet. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt Per Gessle (61), Sänger und Songwriter von Roxette, über seine Erfahrungen. Der 61-Jährige bringt nach dem Tod seiner Bandkollegin Marie Fredriksson (1958-2019) derzeit bisher unveröffentlichte Songs im Rahmen von "Bag of Trix" heraus. Aktuell tritt er aber nicht auf, wie er berichtet, denn in Schweden dürfen nicht mehr als 50 Personen ein Konzert besuchen.
Verglichen mit Deutschland sei es zwar toll, dass kleine Shows stattfinden dürften, "aber die Künstler bleiben so natürlich dennoch auf ihren Kosten sitzen und verdienen nichts an diesen kleinen Gigs", sagt Gessle. "Wie in Deutschland sind auch hier die Künstler enttäuscht und einige haben Existenzängste. Niemand kann auf Tour gehen, wir haben einen kulturellen Lockdown, der viele Menschen betrifft." Das sei "schrecklich" für das Musikbusiness und die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten würden. Gessle jedoch zählt nicht zu den Musikern, die sich Sorgen um ihre Existenz machen müssen: "Für mich persönlich ist es nicht so schlimm, ich musste ein paar Konzerte absagen."
Neben den Konzertvorschriften gelten in Schweden unter anderem in Bars und Restaurants bestimmte Corona-Maßnahmen. "Zum Beispiel musst du an einem Tisch sitzen, wenn du ein Bier trinken möchtest", führt Gessle an. Doch immerhin müssen so lediglich diejenigen kürzer treten, die ihr Getränk lieber im Stehen genießen. Den Sonderweg von Schweden kann der Roxette-Sänger nachvollziehen: "Da Schweden im Vergleich zu anderen europäischen Ländern recht klein ist, haben wir die Situation möglicherweise auch so im Griff. Hier leben nicht so viele Menschen auf einem Haufen wie etwa in Paris oder Berlin." Doch Per Gessle hegt auch Zweifel: "Auch hier in Schweden kann es durchaus passieren, dass sie bald sagen: 'Alles macht zu'. Man weiß ja nie."
Was Gessle derzeit am meisten beschäftigt, ist jedoch nicht das Wohl der arbeitenden Bevölkerung. "Was mich wirklich traurig macht, ist, dass ältere Menschen völlig alleine in ihren Wohnungen sitzen und niemanden sehen dürfen - keine Familie, keine Freunde. Und das geht seit Monaten so. Da ist es schwierig, positiv zu bleiben", resümiert er. Viele Leute hätten es mittlerweile satt. "Aber es fühlt sich nicht so an, als ob eine Verbesserung der Lage in Sicht ist. Jetzt kommt der Winter - und der sorgt bekanntlich für mehr Krankheiten als der Sommer." Gessles Fazit: "Ich denke, Weihnachten wird dieses Jahr ganz anders als sonst."