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Sloweniens Regierungschef in EU-Parlament wegen Umgang mit Medien und Justiz in der Kritik

Jansa stellt Pläne für EU-Ratspräsidentschaft vor

Begleitet von scharfer Kritik aus dem EU-Parlament hat der umstrittene slowenische Regierungschef Janez Jansa die Pläne seines Landes für die sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft vorgestellt. Abgeordnete in Straßburg kritisierten Jansa am Dienstag wegen Angriffen gegen Journalisten und Mitglieder der slowenischen Justiz, denen er Voreingenommenheit vorgeworfen hatte. Jansa nannte als Prioritäten der slowenischen Ratspräsidentschaft unter anderem den Kampf gegen das Coronavirus und gegen Cyberattacken sowie einen grünen und digitalen Wandel der Staatengemeinschaft.

"Ich habe meine eigenen Überzeugungen, meine eigenen Werte, aber als Repräsentant der EU-Präsidentschaft glaube ich, dass all ihre Ansichten legitim sind", sagte Jansa an die EU-Parlamentarier gerichtet. Der Respekt der Rechtsstaatlichkeit sei "wichtig für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die öffentlichen Institutionen und auch Voraussetzung für gegenseitiges Vertrauen unter den Mitgliedstaaten", sagte Jansa. Bei Fragen der Rechtsstaatlichkeit müsse aber klar sein, dass eine unabhängige juristische Instanz entscheide, nicht die Politik.

Die Rechtsstaatsdebatte überschattet die slowenische Ratspräsidentschaft. "Jedes Problem im Zusammenhang mit der Rechtsstaatlichkeit ist keine innere Angelegenheit eines Mitgliedstaates, sondern ein Problem für alle Europäer", sagte der deutsche EU-Parlamentsabgeordnete Manfred Weber (CDU), Vorsitzender der EVP-Fraktion, der auch Jansas konservative Partei angehört.

Jansas Regierung war zuletzt durch mangelhafte Kooperation mit der neu eingerichteten europäischen Staatsanwaltschaft (Eppo) aufgefallen. Slowenien hat als letztes teilnehmendes Land seine Eppo-Staatsanwälte noch nicht ernannt. Die Eppo mit Sitz in Luxemburg soll zum Kampf gegen Betrug zu Lasten des EU-Haushalts beitragen. In Straßburg sicherte Jansa nun zu, die Ernennung der zwei Staatsanwälte voranzutreiben.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hob im Europaparlament hervor, es sei Aufgabe der EU, "Werte wie Diversität, Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit" zu bewahren. Sie verwies darauf, dass die Kommission am 20. Juli einen jährlichen Bericht über die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten veröffentlichen werde. Der seit vergangenem Jahr jährlich erscheinende Bericht hatte auf "häufige" Fälle von Drohungen gegenüber Journalisten in Slowenien hingewiesen, die selten vom Justizsystem sanktioniert worden seien.

Jansas Regierung weigert sich zudem, weiterhin staatliche Hilfen an die einzige Nachrichtenagentur des Landes, STA, auszuzahlen. Dies sei "ein politischer Skandal", kritisierte der Linken-Ko-Fraktionschef Martin Schirdewan. Auch wenn die Berichterstattung nicht gefalle, müssten Politiker Kritik aushalten.

"Hetzkampagnen und Einschüchterung" von freien Medien und Zivilgesellschaft sowie "die Suche nach Sündenböcken" seien "keine Handlungen, die wir von einer europäischen Regierung erwarten", sagte Ska Keller, Fraktionsvorsitzende der Grünen im EU-Parlament. Kritik kam auch aus der Fraktion der Sozialdemokraten.

Jansa sagte in seiner Rede, dem Pluralismus der Medien und dem Kampf gegen Fake News "besondere Aufmerksamkeit" beizumessen. Das sei "insbesondere wichtig im Zusammenhang mit den Medienmonopolen, die es auch noch in der Europäischen Union gibt", fügte er hinzu. Der Politiker ist für seine Nähe zum rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Ungarns, Viktor Orban, bekannt.

Einen Schwerpunkt der EU-Präsidentschaft will Slowenien zudem auf den Westlichen Balkan mit seinen Beitrittskandidaten Albanien, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien setzen.

Die slowenische Ratspräsidentschaft seit dem 1. Juli folgt auf den portugiesischen EU-Vorsitz. Der EU-Vorsitz wechselt alle sechs Monate unter den Mitgliedstaaten. Die Ratspräsidentschaft hat maßgeblich Einfluss auf Themenschwerpunkte und Zeitpläne bei der Beschlussfassung der Mitgliedstaaten. Für Slowenien ist es der zweite EU-Ratsvorsitz seit dem EU-Beitritt des Landes.

by PATRICK HERTZOG