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Sicherheitskräfte in Myanmar töten bei Protesten mindestens zehn Menschen

Papst fordert von Militärjunta Ende der Unterdrückung

In Myanmar setzen die Militärmachthaber weiter auf massive Gewalt gegen die Demonstranten: Die Sicherheitskräfte töteten bei verschiedenen Einsätzen mindestens zehn Menschen, dutzende weitere wurden verletzt. Sieben Demonstranten seien in der zentralen Region Sagaing und zwei weitere in der zweitgrößten Stadt Mandalay getötet worden, berichteten Rettungskräfte am Mittwoch. Der zehnte Todesfall wurde aus Myingyan gemeldet. Papst Franziskus rief die Junta zum "Dialog" auf, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) forderte die Freilassung der politischen Führung.

Ein Arzt in Mandalay bestätigte, dass die dortigen Opfer durch Schüsse in Brust und Kopf getötet wurden. Trotz internationalen Drucks gehen die Militärherrscher mit großer Härte gegen die Demonstranten vor, um die seit dem Militärputsch am 1. Februar anhaltenden Proteste zu stoppen.

Am Mittwoch gingen erneut tausende Menschen landesweit auf die Straßen. In der größten Stadt Rangun stellten Demonstranten Barrikaden aus Reifen und Stacheldraht auf, um die Hauptstraßen zu blockieren.

Nahe der bekannten Sule-Pagode klebten die Demonstranten Aufkleber mit dem Gesicht des Juntachefs Min Aung Hlaing auf den Boden. Sie wollten damit die Polizei aufhalten, die davor zurückschrecken würde, auf das Konterfei des Armeechefs zu treten.

Angesichts der bisher engen Beziehungen des Deutschen Bundestages zum Parlament des südostasiatischen Landes bekundete Bundestagspräsident Schäuble dem bisherigen und derzeit unter Hausarrest stehenden Sprecher der Volksversammlung in Myanmar, T. Khun Myatt, seine Solidarität. In einem offenen Brief verurteilte Schäuble den Militärputsch als unrechtmäßig.

Er forderte die sofortige Freilassung der verhafteten Mitglieder des Parlaments und der bisherigen Regierung. "Die demokratische Legitimation der im November 2020 gewählten Parlamentarier spiegelt sich wider in den derzeitigen Protesten der Bevölkerung, die gewaltsam niedergeschlagen werden", schrieb Schäuble.

Papst Franziskus forderte die Militärjunta auf, die Unterdrückung der Bevölkerung zu beenden. Die internationale Gemeinschaft müsse sich dafür einsetzen, dass die Wünsche der Bevölkerung Myanmars "nicht durch die Gewalt erstickt" würden.

Myanmar befindet sich im Aufruhr, seit die Junta am 1. Februar die bisherige de-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi festnahm und damit eine seit einem Jahrzehnt währende Demokratisierung des Landes beendete. Großbritannien forderte, am Freitag eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats einzuberufen, auf der über die Lage in Myanmar beraten werden soll.

In Myingyan wurde nach Angaben einer Klinik ein 20-jähriger Demonstrant bei den Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften erschossen, mindestens zehn Demonstranten wurden verletzt. In North Okkalapa wurden in eine Klinik mindestens 19 Verletzte eingeliefert.

Sechs Journalisten, darunter der 32-jährige Fotograf Thein Zaw von der Nachrichtenagentur AP, wurden wegen ihrer Berichterstattung über die Proteste angeklagt. Thein Zaw wurde nach Angaben seines Anwalts am Samstag in Rangun festgenommen.

Die Vorwürfe gegen die Journalisten lauten auf "Auslösen von Angst, Verbreiten falscher Nachrichten und Anstiften von Regierungsangestellten". Die Junta hatte das Gesetz im vergangenen Monat geändert und die Höchststrafe von zwei auf drei Jahre Haft erhöht.

Nach Angaben der Organisation Assistance Association for Political Prisoners (AAPP) wurden seit dem Putsch mehr als 1200 Menschen festgenommen, darunter 34 Journalisten. Die tatsächliche Zahl der Festnahmen könnte jedoch weitaus höher liegen: Allein am Sonntag sollen laut staatlichen Medien mehr als 1300 Menschen in Gewahrsam genommen worden sein. Der staatliche Rundfunksender MRTV meldete am Dienstag die Freilassung von 511 Gefangenen.

by STR