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Seehofer will Abschiebungen nach Syrien wieder möglich machen

Kritik von Pro Asyl und UNHCR

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will das generelle Abschiebeverbot nach Syrien kippen. Bei der nächsten Innenministerkonferenz im Dezember werde er dafür eintreten, dass "zumindest für Straftäter und Gefährder in jedem Einzelfall geprüft wird", ob sie abgeschoben werden können, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Freitag in Berlin. Scharfe Kritik äußerte die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl; auch aus den Reihen der Landesinnenminister kam widerstand.

Der generelle Abschiebestopp für das Bürgerkriegsland Syrien gilt seit 2012 und wurde immer wieder verlängert. Derzeit läuft die Regelung bis Jahresende. Die Innenministerkonferenz (IMK) muss auf ihrer Sitzung vom 9. bis 12. Dezember entscheiden, ob erneut verlängert wird.

Seehofer möchte dies nicht. Der Abschiebestopp "kann nach Auffassung des Bundesinnenministers nicht ausnahmslos gelten", sagte die Sprecherin. Es gehe Seehofer um "ein Signal" an Straftäter und Gefährder, "dass sie ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland verwirkt haben". Die gesamte Bundesregierung müsse sich nach seiner Auffassung dafür einsetzen, dass hier jeweils im Einzelfall entschieden werde, sagte die Sprecherin.

Eine wichtige Grundlage für die IMK-Entscheidungen zu Abschiebungen sind Lageberichte des Auswärtigen Amts zur Situation in dem jeweiligen Land. Wie eine Sprecherin des Außenministeriums in Berlin sagte, wurde der Lagebericht zu Syrien zuletzt im Juni aktualisiert. Im Dezember werde turnusgemäß ein neuer Lagebericht vorgelegt. Das genaue Datum nannte die Sprecherin nicht.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte Seehofers Vorhaben scharf und verwies auf die Lage in Syrien. "Angesichts von Foltergefängnissen, willkürlicher Verfolgung und Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung ist klar: Abschiebungen sind und bleiben völkerrechtswidrig", erklärte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Der Abschiebungsstopp müsse unbefristet beibehalten werden.

Auch der Repräsentant des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) in Deutschland, Frank Remus, äußerte sich kritisch. "Es bestehen für Rückkehrer in allen Landesteilen erhebliche Sicherheitsrisiken", sagte er der "Welt" (Samstagsausgabe). Es sei mit menschenrechtlichen Vorgaben nicht vereinbar, Menschen abzuschieben, "denen in ihrer Heimat Folter und Tod drohen".

Grünen-Chefin Annalena Baerbock bezeichnete Seehofers Vorstoß in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben) als "Versuch, sich auf Kosten von Kriegsflüchtlingen aus Syrien als Pseudo-Law-and-Order-Politiker zu profilieren". Seehofer wisse genau, dass Syrien unverändert "ein Kriegsland ist, in dem gefoltert und gemordet wird".

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte der "Welt", Seehofer ignoriere "die Realitäten und versucht auf durchschaubare Weise, politisch zu punkten". Die Lage in Syrien habe sich nicht gebessert, "im Gegenteil". Pistorius betonte zudem, dass Deutschland über keine diplomatischen Beziehungen und keine deutsche Vertretung in Syrien verfüge, "die eine Rückführung anbahnen könnte".

Unterstützung erhielt Seehofer dagegen von seinen Unionskollegen. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte der "Welt", wenn es in Syrien vergleichsweise sichere Gebiete gebe, sollten "zumindest Gefährder und Straftäter, die schwere und schwerste Straftaten begangen haben", dorthin abgeschoben werden können.

Der bayerische Ressortchef Joachim Herrmann (CSU) sagte der Zeitung, es müssten alle Hebel des Rechtsstaats in Bewegung gesetzt werden, "um syrische Straftäter, die sich schwerer Straftaten schuldig gemacht haben, und Gefährder außer Landes zu bringen".

by AAREF WATAD