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Seehofer setzt Abschiebungen nach Afghanistan aus

Konsequenz aus verschlechterter Sicherheitslage

Deutschland setzt vorerst alle Abschiebungen nach Afghanistan aus, weil das Land angesichts des Vormarsches der radikalislamischen Taliban zu unsicher für die Rückkehrer geworden ist. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe angesichts der "aktuellen Entwicklungen der Sicherheitslage" die Entscheidung zur Aussetzung getroffen, erklärte sein Sprecher am Mittwoch in Berlin. Nach Angaben des Ministeriums leben derzeit knapp 30.000 ausreisepflichtige Afghanen in Deutschland.

Mit seiner Entscheidung vollzog Seehofer einen Kurswechsel. Erst vor wenigen Tagen hatte er sich dafür ausgesprochen, die Abschiebungen nach Afghanistan zumindest für Straftäter fortzusetzen - ungeachtet des Vormarsches der Taliban.

Die Entscheidung Seehofers kam offenbar auch für sein Ministerium überraschend. Weniger als zwei Stunden vor Bekanntwerden der Aussetzung hatte Seehofers Sprecher auf einer Pressekonferenz mit Blick auf ausreisepflichtige Afghanen gesagt, das Ministerium sei "weiterhin der Auffassung, dass es Menschen in Deutschland gibt, die das Land verlassen sollten, so schnell wie möglich".

Abschiebungen fänden nur dann statt, wenn sie mit Blick auf die individuelle Sicherheit der Abgeschobenen "vertretbar" seien "Das ist nach wie vor der Stand der Dinge", hatte der Sprecher gesagt.

Er berichtete dabei auch von einem vor zwei Wochen gescheiterten Versuch, sechs Inhaftierte nach Afghanistan abzuschieben. "Diese Abschiebung hat nicht stattgefunden, weil für die beteiligten Behörden in Deutschland und auch in Afghanistan die Situation unklar war", sagte Alter. "Das heißt, es war keine sichere Prognose möglich, wie die Situation sich entwickelt."

by Wakil KOHSAR