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Seehofer fordert EU zur Unterstützung von Afghanistans Nachbarländern auf

Innenminister: Hilfen von Aufnahme afghanischer Flüchtlinge abhängig machen

Vor der Sondersitzung der EU-Innenminister zur Aufnahme afghanischer Flüchtlinge hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die EU aufgefordert, die Nachbarstaaten Afghanistans "stark" zu unterstützen. "Wenn wir das richtig und schnell machen, werden wir keine Wiederholung des Jahres 2015 erleben", sagte Seehofer am Dienstag in Brüssel mit Blick auf die damalige Flüchtlingskrise in der EU.

Ziel der europäischen Flüchtlingspolitik müsse es sein, "dass Menschen in der Nähe ihrer Heimat bleiben und auch in der Nähe ihres Kulturkreises". Seinen Vorstellungen zufolge sollte die EU-Kommission daher nach der Sitzung der Innenminister "sehr schnell" einen Aktionsplan vorlegen, der die Unterstützung von Afghanistans Nachbarstaaten von deren Bereitschaft zur Aufnahme und Versorgung von afghanischen Flüchtlingen abhängig macht. Er sei auch "froh", dass die Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Afghanistan aktiv bleiben.

Nur "besonders geschundene Personen" sollten im Rahmen von Umsiedlungsprogrammen in die EU kommen, sagte Seehofer weiter. Nicht asylberechtigte Afghanen sollten Seehofer zufolge möglichst an den Außengrenzen der EU zurückgehalten werden. Bei "berechtigten Asylbewerbern" forderte Seehofer eine "gerechte Verteilung" unter den EU-Mitgliedsstaaten.

Er werbe "ausdrücklich dafür, dass sich alle Länder an einer gemeinsamen Asylpolitk beteiligen". Dazu war Österreich "bislang leider nicht bereit", sagte Seehofer.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfing am Dienstag den österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Berlin. Dabei stand wie in Brüssel das Thema Afghanistan im Mittelpunkt. Während Merkel davon ausging, dass noch "10.000 bis 40.000 Menschen" - vor allem frühere Ortskräfte deutscher Stellen und ihre Angehörigen - aus Afghanistan nach Deutschland gebracht werden müssten, wollte Seehofer keine konkreten Zahlen nennen. Er sagte nur, es gehe "nicht um hunderte, sondern tausende" Menschen. Seehofer warnte zudem, dass die Spekulationen über Zahlen einen Anreiz zur Migration Richtung Europa bieten könnten.

Mit Blick auf Luxemburg sagte Seehofer, das kleine Land "sollte ein Stück mehr Rücksicht nehmen auf die Interessen der Hauptaufnahmeländer".

Zuvor hatte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn die Haltung Österreichs und Sloweniens kritisiert, das den EU-Vorsitz führt. "Sie tun alles, damit nur keine Flüchtlinge nach Europa kommen", sagte Asselborn in Brüssel. Die EU muss seiner Ansicht nach hingegen Menschen aufnehmen, "die nicht mehr in Freiheit leben können". Dazu gehörten etwa Frauen, Richter und Journalisten. Asselborn kündigte an, die Vorschläge Sloweniens für das Treffen zu "bekämpfen". Seehofer sagte hingegen, er unterstütze die Vorschläge.

Zur Migrationskrise an der östlichen EU-Grenze zu Belarus sagte Seehofer, nur eine vereinte EU könne dort für Ordnung sorgen. "Wenn sie das nicht tut, werden die einzelnen Staaten sich selbst helfen, was ich verstehe", sagte er in Bezug auf Polens Bau eines Stacheldrahtzauns an der Grenze zu Belarus.

by Tobias SCHWARZ