Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sieht eine Umwandlung von Geld- in Sachleistungen für Flüchtlinge skeptisch. Es sei schon heute möglich, Flüchtlingen mit Sach- statt Geldleistungen zu versorgen, sagte Schulze der "Bild am Sonntag". "Jedes Bundesland kann das entscheiden. Warum macht es die Union dann nicht dort, wo sie regiert?"
"Was CDU und CSU nicht sagen, ich aber aus den Bundesländern höre: Sachleistungen sind ein hoher bürokratischer Aufwand", sagte Schulze. "Deshalb wird es so gut wie nicht gemacht."
Auch der Behauptung, die deutschen Sozialleistungen für Asylbewerber seien "Pull-Faktoren", die dazu führen, dass sich mehr Flüchtlinge auf den Weg nach Deutschland machten, widersprach Schulze: "Ich hätte dafür gerne nur einen einzigen Beleg. Der überwiegende Teil der Flüchtlinge kommt aus Kriegsgebieten! Es ist doch absurd, dass Menschen für einen Zahnarzttermin ihre Heimat verlassen", sagte sie mit Blick auf die jüngsten Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz. "Sie fliehen vor Bomben und Gewalt."
Merz hatte am Mittwoch in einer Talkshow gesagt, dass abgelehnte Asylbewerber beim Arzt sitzen und "sich die Zähne neu machen" lassen würden, während "die deutschen Bürger nebendran" keine Termine bekämen. "Solche populistischen Sprüche spalten unsere Gesellschaft", sagte Schulze. "Ich hätte vom Chef einer demokratischen Partei erwartet, dass er nicht mit falschen Behauptungen Stimmung gegen die Schwächsten macht."
Offen zeigte sich die Entwicklungsministerin für die Idee, Flüchtlinge zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten. "Ideen, die die Integration fördern, sollten wir ernsthaft diskutieren", sagte sie. "Ich finde es grundsätzlich sinnvoll, wenn Flüchtlinge nicht zum Nichtstun verdammt sind." Menschen davon abzuhalten zu arbeiten, führe "nicht dazu, dass es ihnen besser geht. Die meisten wollen sich doch so schnell wie möglich hier einbringen."
Auf Distanz ging Schulze hingegen zu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dessen Aussage, die Belastungsgrenze in Deutschland sei erreicht. "Ich mag diesen Begriff nicht, er strahlt menschliche Kälte aus", sagte die SPD-Politikerin. "Ja, die Kommunen sind stark belastet und deshalb hilft die Bundesregierung ihnen ja auch mit ganzer Kraft." Es sei eine "humanitäre Verpflichtung, dass wir Menschen Schutz vor Krieg bieten. Wo wollen Sie denn da die Grenze ziehen?"
mt/smb