Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zieht als Kanzlerkandidat seiner Partei in die Bundestagswahl 2021. "Ich freue mich über die Nominierung und ich will gewinnen", sagte er am Montag. Der Parteivorstand hatte Scholz kurz zuvor einstimmig als Kanzlerkandidaten nominiert. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans lobte Scholz' "durchsetzungsstarke Art" und "Besonnenheit", die Ko-Vorsitzende Saskia Esken nannte ihn einen "Teamplayer".
Es sei "unser ganz ehrgeiziges Ziel, die nächste Bundestagswahl erfolgreich zu bestreiten und die nächste Regierung zu führen", sagte Scholz auf der gemeinsamen Pressekonferenz. An die Adresse der Union gerichtet sagte er, wer so lange regiert habe, "muss auch mal Gelegenheit bekommen, sich in der Opposition zu erneuern".
Auch Esken betonte den Anspruch der SPD, die nächste Regierung zuführen. Für die Durchsetzung ihrer Ziele benötige die Partei "progressive Mehrheiten", die sie "als stärkste Kraft anführen" wolle.
Zugleich stellte Scholz klar, dass sich die SPD durch seine frühzeitige Ausrufung als Kanzlerkandidat nicht aus der Regierungsarbeit der GroKo verabschieden wolle. "Wir haben noch viel zu tun auch in der gemeinsamen Regierungspolitik mit unserem Koalitionspartner", sagte der Vizekanzler. Dieser Verpflichtung stelle sich die SPD. "Der Wahlkampf beginnt nicht heute."
Die Entscheidung für Scholz sei bereits vor einem Monat "im guten Miteinander" gefallen, sagte Esken. Für "viele in der Partei" stelle Scholz' Nominierung "eine ungewöhnliche Wendung dar", sagte sie. Der Vizekanzler wird im Gegensatz zu dem linken SPD-Führungsduo dem konservativen Parteiflügel zugerechnet.
Walter-Borjans unterstrich Scholz' Fähigkeiten als Krisenmanager, die sich gerade in der Corona-Pandemie gezeigt hätten. "Krisen meistern zu können, das ist ein ganz wichtiges Qualitätskriterium für einen Bundeskanzler."
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich erklärte in Berlin, Scholz habe "mit seinen großen politischen Erfahrungen in Regierung und Parlament sowie als Länderregierungschef bewiesen, dass er unser Land auch in schwierigen Zeiten führen kann". Die Fraktion werde Scholz "mit aller Kraft und Überzeugung unterstützen".
Lob kam auch von Scholz' sozialdemokratischen Kabinettskollegen. Der Vizekanzler sei "Deutschlands Krisenmanager Nummer eins", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey sprach von einer "Superentscheidung". Bundesjustizministerin Christine Lambrecht sagte der "Passauer Neuen Presse" (Dienstagsausgabe), sie schätze Scholz "als aufrechten und klugen Kollegen".
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte der "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe), Mehrheiten jenseits der Union seien Ziel der Linken. "Große Steuerreform, nachhaltige Rentenreform, entschlossener Kampf gegen Kinderarmut wird nur mit einer starken Linken, gern auch mit Olaf Scholz funktionieren."
Unzufrieden reagierte CSU-Chef Markus Söder. "Kein Mensch in Deutschland hat Verständnis dafür, dass wir jetzt über Wahlkampf reden", sagte er in München.
CDU-Vorsitzkandidat Friedrich Merz sagte der "Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe), es werde Scholz "ergehen wie Peer Steinbrück 2013: Der Kandidat passt nicht zur Partei." Merz' Konkurrent Norbert Röttgen sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Dienstagsausgaben), Scholz sei für die SPD eine taktische Lösung, "die nicht glaubwürdig ist".
Ratlos reagierte FDP-Chef Christian Lindner. Während die Parteispitze Offenheit für eine Koalition mit Grünen und Linken zeige, werde mit Scholz "ein Kanzlerkandidat aus dem eher rechten Spektrum der Partei benannt", schrieb er auf Twitter. "Respektabel ist er, aber die Strategie erscheint noch rätselhaft."
by Von Christina NEUHAUS