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Scholz verteidigt "riesige" Neuverschuldung in Corona-Krise

Opposition sieht SPD-Kanzlerkandidaten schon im Wahlkampfmodus

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat die hohe Neuverschuldung in der Corona-Krise verteidigt. Die "riesigen Summen" seien notwendig, um die Zukunftsfähigkeit des Landes zu sichern, sagte er am Dienstag in der Haushaltsdebatte im Bundestag. "Nicht handeln wäre sehr viel teurer als handeln." Die Opposition warf Scholz unsolides Haushalten und ein Vorgehen im Wahlkampfmodus vor.

Der Etatentwurf für 2021 sieht 96,2 Milliarden Euro an neuen Schulden vor. Für das laufende Jahr hatte sich Scholz mit zwei Nachtragshaushalten bereits die Möglichkeit gesichert, 218,5 Milliarden Euro an frischen Krediten aufzunehmen.

Es gehe um "sehr, sehr, sehr viel Geld", räumte Scholz mit Blick auf die neuen Schulden ein. Wie für 2020 will er auch 2021 eine Ausnahme von der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse.

"Es ist notwendig und richtig, dass wir in dieser Krise entschlossen reagieren und dass wir auch mit ganzer Kraft gegenhalten", sagte Scholz. Die bisherigen Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Corona-Krise zeigten Wirkung: "Die wirtschaftliche Aktivität erholt sich und die Verbraucherstimmung wird besser." Gleichwohl gebe es noch große Aufgaben zu bewältigen. "Wir sind ja noch nicht durch."

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte in der Debatte, Scholz' Vorlage für 2021 sei "ein guter Haushalt". Beim der Frage, wie es ab 2022 weitergehe, hätten Union und SPD aber "unterschiedliche Auffassungen". Scholz' mittelfristige Finanzplanung, die bis 2024 reicht, nehme die Union daher lediglich zur Kenntnis, sagte Brinkhaus.

Oppositionspolitiker warfen dem SPD-Kanzlerkandidaten Scholz Wahlkampfmanöver vor. Der Minister habe einen "Kanzlerkandidatenhaushalt" vorgelegt, der weder umsichtig noch vernünftig sei, sagte der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Otto Fricke. "Dieser Finanzminister wird als Schuldenkönig in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eingehen."

Linksfraktionsvize Gesine Lötzsch warf Scholz ebenfalls vor, einen "Wahlkampfhaushalt" zu präsentieren. Die Frage sei vor allem: "Wer soll die Rechnung bezahlen?" Hier gebe es letztlich nur zwei Möglichkeiten - "drastische Kürzungen" bei den Sozialleistungen oder höhere Steuern. Die Regierung müsse sagen, welchen dieser Wege sie wählen wolle. Lötzsch bekräftigte in diesem Zusammenhang die Forderung ihrer Fraktion nach einer Vermögensabgabe.

Die Schuldenbremse bezeichnete Lötzsch als "eine Zukunftsbremse" und ökonomischen Unsinn. "Sie muss abgeschafft werden."

Für eine Reform der Schuldenbremse zugunsten staatlicher Investitionen sprach sich der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler aus. Auch er befürwortete höhere Abgaben für Reiche: "Wir wollen, dass starke Schultern mehr tragen."

Kindler kritisierte zudem die bisherige Krisenbekämpfung der Regierung. Es sei "krass zu sehen, wer alles bei den Hilfsmaßnahmen durchs Raster fällt". Kindler nannte als Beispiele Solo-Selbstständige und Empfänger von Arbeitslosengeld II. Dass es keinen "krisenbedingten Aufschlag" auf Hartz IV gebe, sei "extrem falsch und kaltherzig".

Der AfD-Haushaltsexperte Peter Boehringer sagte, die derzeitige Wirtschaftskrise sei nicht durch das neuartige Coronavirus, sondern durch die "staatliche Überreaktion" darauf verursacht worden. "Wir haben es nicht mit Ebola oder der Pest zu tun." Boehringer verlangte deswegen den sofortigen Ausstieg "aus den inzwischen nur noch irrsinnigen Corona-Lockdown-Maßnahmen".

Mit der ersten Debatte über den Etatentwurf für 2021 startete der Bundestag in die Haushaltswoche. Noch bis Freitag werden die Etatpläne aller Ministerien diskutiert. Am Mittwoch steht die Generaldebatte mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an.

by Tobias SCHWARZ