Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant für den Haushalt 2022 noch einmal eine Neuverschuldung von 81,5 Milliarden Euro. Wie aus dem Finanzministerium am Montag weiter bekannt wurde, ist zudem für das laufende Jahr ein Nachtragshaushalt mit einer zusätzlichen Kreditaufnahme von 60,4 Milliarden Euro vorgesehen. Insgesamt würde damit vor allem wegen der Corona-Krise die Neuverschuldung für 2021 auf 240,2 Milliarden Euro ansteigen – nach 130,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.
Dies bedeutet, dass die Bundesregierung für 2022 erneut, wie bereits 2020 und 2021, von einer Ausnahme von der Schuldenbremse Gebrauch machen muss. Erst 2023 soll die Schuldenbremse laut der mittelfristigen Finanzplanung der Regierung mit einer Neuverschuldung von dann 8,3 Milliarden Euro wieder eingehalten werden, ebenso 2024 mit einer Nettokreditaufnahme von 11,5 Milliarden Euro und 2025 mit einer Neuverschuldung von 10,0 Milliarden Euro. Der Schuldenstand steigt 2021 auf 75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Die Zahlen geben zunächst lediglich Eckpunkte für den neuen Etat und den Finanzplan wider. Diese sollen am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden. Das Haushaltsvolumen soll 2021 nun 547,7 Milliarden Euro betragen, 2022 dann 419,8 Milliarden Euro und sich bis 2025 bei 403,4 Milliarden Euro stabilisieren. Der eigentliche Haushaltsbeschluss ist für Ende Juni vorgesehen. Dabei werden dann auch die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung und die weitere Entwicklung von Corona-Krise und Wirtschaftslage berücksichtigt.
“Wir wollen das nicht schönreden, die Nettokreditaufnahme ist hoch”, hieß es aus dem Finanzressort. Gleichwohl komme Deutschland bisher besser durch die Krise als zeitweise befürchtet. Auch die Schuldenaufnahme für 2020 und 2021 sei insgesamt niedriger als zunächst kalkuliert, da die im vergangenen Sommer für 2020 eingeplante Kreditaufnahme von knapp 218 Milliarden Euro bei weitem nicht ausgeschöpft wurde. Allerdings war damals noch davon ausgegangen worden, die Schuldenbremse 2022 wieder einzuhalten.
Die Finanzplanung für 2023 und 2024 sieht auch einen Rückgriff auf die noch verbliebene Rücklage des Bundes im Umfang von gut 48 Milliarden vor. Das Geld war ursprünglich einmal für Flüchtlingskosten vorgesehen. Außerdem gibt es für die Jahre 2024 und 2025 einen aus dem Finanzministerium als “Handlungsbedarf” beschriebene Finanzierungslücke im Volumen von gut 20 Milliarden Euro. Nur so ist das Einhalten der Schuldenbremse dann rechnerisch wieder möglich.
Berücksichtigt ist die für 2021 auf 3,0 Prozent nach unten korrigierte Wachstumserwartung. Für 2022 wird ein Wachstum von 2,6 Prozent angenommen, für die Folgejahre von jeweils 1,2 Prozent. In den Mehrausgaben für 2021 sind 25,5 Milliarden Euro für zusätzliche Unternehmenshilfen enthalten, der Rest der Neuverschuldung entsteht vor allem durch Steuermindereinnahmen, Mehrkosten im Gesundheitsbereich sowie zusätzliche Zinskosten.
Die Investitionsausgaben, für die 2021 ein Rekordwert von 61,9 Milliarden Euro vorgesehen ist, werden bei 50,0 Milliarden Euro verstetigt. Die sogenannte Nato-Quote für die Verteidigungsausgaben liegt 2022 bei 1,5 Prozent des BIP, sinkt in der Finanzplanung allerdings auf 1,3 Prozent. Die ODA-Quote für den Anteil der Entwicklungsausgaben steigt auf 0,63 Prozent.
Der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler kritisierte die Etatpläne von Scholz als nur “müdes Verwalten”, aber ohne einen “Aufbruch für Klimaschutz und Gerechtigkeit”.
by HANNIBAL HANSCHKE