Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat von den EU-Partnern und dem Europaparlament rasche Entscheidungen über den Start des Hilfsfonds gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise gefordert. Die EU müsse alles daran setzen, damit dieser "Anfang 2021 auch einsatzbereit" sei, sagte Scholz am Dienstag. Bei einer Video-Konferenz der EU-Finanzminister nahm der 750 Milliarden Euro schwere Hilfsplan eine weitere Hürde. Der eigentliche Test steht aber noch aus.
"Die steigenden Infektionszahlen machen auch deutlich, wie wichtig es ist, den europäischen Aufbauplan rechtzeitig umzusetzen", sagte Scholz, der die Beratungen der Finanzminister als Vertreter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft leitete. Ziel müsse es sein, dass die Mitgliedstaaten die Gelder "während der Krise einsetzen" könnten, um der Wirtschaft "einen kräftigen Schub" zu geben.
Die EU-Finanzminister legten am Dienstag ihre Position zu Details und der Umsetzung des Herzstücks des Aufbaufonds fest, auf den sich die EU-Staats- und Regierungschefs im Juli grundsätzlich verständigt hatten. Er ist eng verknüpft mit dem nächsten EU-Mehrjahreshaushalt für die Jahre von 2021 bis 2027, der ein Volumen von rund 1074 Milliarden Euro haben soll.
Die Verhandlungen über das Budget mit dem Europaparlament gestalten sich aber schwierig. Die Abgeordneten fordern deutlich mehr Geld und verlangen auch Mitsprache bei der Prüfung der nationalen Ausgabenpläne für die Corona-Hilfen.
Heftigen Streit gibt es auch um die Frage, inwieweit Mitgliedstaaten EU-Gelder künftig gekürzt oder gestrichen werden können, wenn sie gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen. Dagegen stemmen sich insbesondere Ungarn und Polen vehement, die seit Jahren wegen Verstößen in diesem Bereich in der EU am Pranger stehen.
Dies könnte zum Problem werden, da noch ein einstimmiger Beschluss aller 27 EU-Mitgliedstaaten nötig ist, um die Finanzierung der Corona-Hilfen zu ermöglichen. Budapest und Warschau hätten hier die Möglichkeit, den gesamten Prozess durch ein Veto zu blockieren.
Scholz zeigte sich aber "zuversichtlich", dass am Ende alle Regierungen zustimmen würden. "Ich mache mir keine Sorgen", sagte er nach der Video-Konferenz. "Ich habe den Eindruck, dass alle am Ende mitmachen werden."
Auch der Vizepräsident der EU-Kommission. Valdis Dombrovskis, erwartete kein Veto aus Budapest oder Warschau. "Wir sehen keine wirklichen Hinweise dazu, dass einige Mitgliedstaaten bereit sind, (...) den europäischen Aufbauplan zu blockieren." Alle seien sich bewusst, wie wichtig Europas wirtschaftliche Erholung sei.
by Odd ANDERSEN