30705:

Scharfe Kritik an Fernsehansprache von Frankreichs Präsident zur Rentenreform

Die Fernsehansprache von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron zu seiner umstrittenen Rentenreform ist bei der Opposition auf scharfe Kritik gestoßen. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen von der Partei Rassemblement National warf Macron nach dessen Rede am Montagabend eine "weltfremde und stumpfe" Politik vor. Seine Amtszeit sei geprägt von "Misstrauen, Gleichgültigkeit und Brutalität".

Wenn Macron die Rentenreform zurückgezogen oder ein Referendum dazu angesetzt hätte, hätte er "heute Abend die Verbindung zu den Franzosen neu knüpfen können", urteilte Le Pen. Stattdessen habe er "entschieden, ihnen erneut den Rücken zuzukehren".

Macron hatte in seiner Fernsehansprache eingeräumt, dass die Rentenreform offensichtlich nicht von der Bevölkerung unterstützt werde. Zugleich betonte er: "Die Änderungen waren notwendig, um die Rente für alle zu sichern und mehr Wohlstand für die Nation zu schaffen." Er bot an, "von morgen an die Sozialpartner zu empfangen, also diejenigen, die dazu bereit sind". 

Erstmals erwähnte Macron ausdrücklich die Massenproteste, die "in der übergroßen Mehrheit friedlich" verliefen. "Niemand - und ich am wenigsten - kann taub bleiben angesichts dieser Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit", sagte der Präsident. Er kündigte für die kommenden hundert Tage zahlreiche Vorhaben an, die das Leben der Franzosen verbessern sollten. Eine Kabinettsumbildung ist wegen der Krise hingegen in naher Zukunft nicht geplant, wie AFP aus dem Umfeld des Präsidenten erfuhr.

Der Chef der linkspopulistischen Partei La France Insoumise (LFI), Jean-Luc Mélenchon, kommentierte Macrons Rechtfertigung der Anhebung des Renteneintrittsalters: "Realitätsfremder Macron. Völlig jenseits der Realität steht er zum Diebstahl von zwei Jahren Freiheit." 

Die Kochtöpfe erklängen nun "umso gerechtfertigter", fügte Mélenchon hinzu. Am Montagabend hatten zahlreiche Menschen in Paris und anderen Orten in Frankreich ihrem Ärger über Macron Luft gemacht, indem sie mit Kochtöpfen und -deckeln Lärm veranstalteten.

Selbst innerhalb von Macrons Regierung gibt es offenbar Kritik am Vorgehen des Präsidenten. Der Präsident müsse "mehr Zeit vor Ort" verbringen, sagte ein Kabinettsmitglied, das anonym bleiben wollte, mit Blick auf die landesweiten Proteste gegen die Rentenreform. In einem Kommentar der Zeitung "Le Monde" hieß es: "Emmanuel Macron ist lange noch nicht fertig damit, mit der sozialen und politischen Krise umzugehen, die er weiterhin gefährlich befeuert."

yb