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Sachverständigenrat warnt vor Gefahr anhaltender Energiearmut

Der massive Anstieg der Energiepreise infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine belastet die Haushalte in Deutschland deutlich. Um 52 Euro stiegen die monatlichen Abschlagszahlungen für Strom und Heizung seit März 2022 im Mittel, wie der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen mitteilte. Folgen hat das vor allem für ärmere Haushalte. Die Sachverständigen sprachen sich für eine Verlängerung der Energiepreisbremsen aus.

In den einkommensschwächsten Haushalten habe die Energiekostenbelastung "besonders stark zugenommen", hob der Sachverständigenrat (SVRV) hervor. Dies lasse sich unter anderem dadurch erklären, dass ärmere Haushalte häufiger zur Miete und in schlechter isolierten Wohnungen leben. Deshalb werde in den einkommensschwächsten Haushalten häufiger mit Energieträgern wie Öl und Gas geheizt, die sich in der Energiekrise besonders stark verteuert haben. Die laufenden Kosten von Wärmepumpen hingegen lägen "auf den Quadratmeter gerechnet deutlich darunter". 

Laut SVRV zeigen Daten für insgesamt 4444 Haushalte, dass die monatlichen Abschlagszahlungen für Strom und Heizung seit März vergangenen Jahres im Median um 33 Prozent zulegten, was etwa 52 Euro entspricht. Median bedeutet, dass 50 Prozent der Haushalte darüber liegen und 50 Prozent darunter.

Bei mittleren Einkommen war der Anstieg mit 57 bis 60 Euro demnach besonders hoch. Die einkommensschwächsten Haushalte verzeichneten mit 45 Euro allerdings einen ähnlich hohen Kostenanstieg wie die wohlhabendsten Haushalte mit 50 Euro. "Dabei verfügen letztere über einen deutlich größeren Wohnraum - mit entsprechend mehr zu beheizender Wohnfläche", erklärte der Sachverständigenrat.

Dies habe dazu geführt, dass die Energiekostenbelastung unter den einkommensschwächsten Haushalten "besonders stark" zugenommen habe. Im einkommensschwächsten Fünftel der Bevölkerung betrug der Anteil der Energiekosten am Haushaltseinkommen im Juni 2023 demnach 16 Prozent - nach 12 Prozent im Vorjahr. Im zweitärmsten Fünftel stieg der Anteil von acht auf elf Prozent.

Zum Vergleich: Das wohlhabendste Fünftel der Haushalte wendet laut SVRV "gerade einmal vier Prozent des Haushaltseinkommens für Energiekosten auf". Eine gängige Faustregel besage, dass Energiekosten zur finanziellen Überlastung eines Haushalts führen können, wenn diese mehr als zehn  Prozent von dessen Nettoeinkommen betragen, erklärte der Sachverständigenrat.

"Obwohl die Welle der Kostensteigerungen langsam abebbt und die Entlastungspakete der Bundesregierung wirken, müssen untere Einkommen strategisch besser vor hohen Energiepreisen geschützt werden", forderte der Sachverständigenrat deshalb. SVRV-Mitglied Veronika Grimm sprach sich dafür aus, Preisbremsen für Strom und Gas über den kommenden Winter bis Ende April 2024 zu verlängern. 

Außerdem sollten Haushalte "wieder verstärkt über individuelle Möglichkeiten zur Verringerung von Energiekosten informiert werden, forderte Grimm, die auch Mitglied der sogenannten Wirtschaftsweisen ist. "Auch die Prüfung und ein eventueller Wechsel laufender Verträge kann Kosten sparen", fügte sie hinzu.

Mittelfristig solle zudem der Emissionshandel gestärkt werden, was höhere Anreize für die Vermieter zur energetischen Sanierung von Wohngebäuden schaffe. "Eine pauschale Pro-Kopf-Rückgabe der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in Form des geplanten Klimagelds würde zugleich finanzielle Spielräume für einkommensschwache Haushalte erweitern", erklärte Grimm. Denn diese bekämen aufgrund ihres typischerweise geringen CO2-Fußabdrucks mehr daraus erstattet, als ihnen an zusätzlichen Kosten durch die CO2-Bepreisung entstehen. 

jm/ilo