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Sachsen prescht mit genereller Corona-Impfempfehlung für Kinder ab zwölf Jahren vor

Stiko plant wohl vorerst keine allgemeine Freigabe für Kinder

Während die Ständige Impfkommission (Stiko) vorerst offensichtlich keine neue Empfehlung zu Corona-Schutzimpfungen für Kinder und Jugendliche plant, prescht Sachsen vor. Die Sächsische Impfkommission (SIKO) sprach am Freitag eine generelle Impfempfehlung für Kinder ab zwölf Jahren aus, weil der Nutzen das Risiko überwiege. Wie andere Politiker forderte auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) eine allgemeine Freigabe der Corona-Impfungen für diese Altersgruppe.

Die Empfehlung der Sächsischen Impfkommission, die die einzige Impfkommission dieser Art auf Länderebene in Deutschland ist, gilt ab Sonntag. Sie begründete die Änderung ihrer Impfempfehlung mit der "überaus dynamischen Entwicklung der Coronavirus-Pandemie" und dem wachsenden Wissensstand zu Impfungen.

In die generelle Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche zwischen zwölf und 15 Jahren seien Daten aus den USA und Israel eingeflossen, etwa zu möglichen Herzmuskelentzündungen in Verbindung mit Impfungen. Dabei überwiege "der Nutzen eindeutig das Risiko" möglicher Nebenwirkungen, erklärte die SIKO.

Bisher galt eine allgemeine Impfempfehlung in Sachsen erst für Kinder ab 16 Jahren. Für Zwölf- bis 15-Jährige wurde die Impfung in dem Bundesland bislang nur bei bestimmten Risikofaktoren und chronischen Krankheiten angeraten.

Auch die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt Corona-Impfungen zwischen zwölf und 17 Jahren bislang nur für Jugendliche mit bestimmten Vorerkrankungen oder auf Wunsch nach individueller ärztlicher Beratung. Daran soll sich vorerst ungeachtet des massiven Drängens führender Politiker wohl auch nichts ändern. Kommissionsmitglied Martin Terhardt äußerte am Freitag im Sender RBB die Erwartung, dass es eine neue Stiko-Empfehlung in dieser Sache erst in einigen Wochen geben werde.

Terhardt bekräftigte die bisherige Haltung der Stiko, wonach die Datenlage bisher noch zu dünn sei, um eine Corona-Schutzimpfung ab zwölf Jahren allgemein zu empfehlen. Kritik äußerte er an dem teils massiven Druck aus der Politik auf die Impfkommission. "Das erzürnt uns, das empört uns, das entwertet uns und das schadet dem Vertrauen der Ständigen Impfkommission, und das finde ich einen groben Fehler", sagte Terhardt dem RBB weiter.

Gleichwohl forderte auch Bundestagspräsident Schäuble (CDU) die Stiko in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Freitag ausdrücklich auf, ihre Impfempfehlung für Kinder ab zwölf Jahren entsprechend zu ändern und den EU-Empfehlungen zu folgen. "Die Corona-Risiken sind auch für sie um ein Vielfaches höher als die einer Impfung", sagte Schäuble.

Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hat bisher die Corona-Impfstoff der Firma Biontech/Pfizer und des US-Herstellers Moderna für Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren freigegeben.

Die FDP-Bundestagsfraktion drängt unterdessen auf ein erhöhtes Impftempo. Erreicht werden soll dies laut einem Fünf-Punkte-Papier unter anderem durch flächendeckenden Einsatz von mobilen Impfteams, wie der "Wir" berichtete. Zudem sollten positive Anreize wie Gratiseintritte in Freizeitparks, Stadien oder Museen gesetzt werden.

by THOMAS LOHNES